Die Wanderung, das KZ und die Bürgermeisterin

In Bad Aussee, einem kleinen Städtchen am Rande der Steiermark übernachten wir auf einem Schotterparkplatz, wie so oft. Im Ort befindet sich, der mittlerweile revidierte geografische Mittelpunkt Österreichs in Form eines Mercedessterns, finanziert von der Daimler AG, Stuttgart. Auf Skulpturen und die Geschichte des volksnahen Erzherzogs Johann trifft man an vielen Stellen vor Ort. Er hat nicht nur eine Bürgerliche geheiratet (die Poster Dora von Bad Aussee), sondern war auch ein Anhänger freiheitlicher Ideen. Klaus Maria Brandauer wurde ebenfalls hier geboren. Am nächsten Tag machen wir eine Wanderung um den Altausseer See, genießen die Landschaft auf dem sieben Kilometer langen Rentnerweg und entdecken weitere historische Bezüge, die ins Hohenloher Land reichen. Der See liegt malerisch eingebettet im Toten Gebirge, von der Trisselwand majestätisch flankiert. Mit offenen Augen laufend und begleitet von gut gemachten Informationstafeln am Rande des Weges, schrumpft die Welt zusammen, die Bedrohlichkeit der Fremde wird gebannt. Wir fahren zu einem neu eröffneten privaten Stellplatz in der Nähe des Sees. Dort wollen wir entsorgen und unseren Wasservorrat auffüllen. Ein Herr in Tracht nähert sich unserem Wagen beim Wendemanöver am Platz. Ich lasse die Scheibe herunter und frage ihn welchen Betrag er für diese Dienstleistung möchte. Er antwortet: „Fünf Euro“ und uns kommt es so vor, als hätten wir ihn mit dieser Frage überrumpelt, denn er richtete die Höhe des Betrages selbst unsicher fragend an uns. Auf dem Gelände ertönt Blasmusik. Menschen in vollem Trachtenwichs sitzen auf Bänken, stehen herum, sitzen über Speisen und laben sich an ausgeschenkten Getränken. Es ist ein Fest im Gange und wir sind, so scheint es, mitten in die Einweihungsfeierlichkeiten des Platzes geraten. Wir fahren zur Ablaßstelle und der „Trachtenboss“ spricht mit Karin. Ich bin gerade dabei unsere Toilette zu entleeren, als sich eine hochgestellte Dame mit Sandalen und rot lackierten Fußnägeln zu uns gesellt. Sie grüßt mich freundlich, während ich unsere nur mäßig zersetzten Fäkalien aus der Klokassette neben ihre Füße in das vorgesehene Bodenloch kippe. Der „Trachtenboss“ und die Dame der Politik sehen emotionslos zu und ziehen dann weiter Richtung Blasmusik. Nach dem letzten Spülgang der Kassette drehe ich mich um und sehe in der Ferne deutlich das Tattoo auf ihrer rechten Schulter.

In Ebensee fahren wir ab, weil wir ein Hinweisschild zu einer KZ-Gedenkstätte entdecken. Wir fahren durch ein Siedlungsgebiet, in dem plötzlich ein Torbogen steht. Der ehemalige Eingang zum KZ. Die Siedlung wurde also mitten in das KZ gebaut. Wir finden das sehr befremdlich und parken neben dem Spielplatz, der sich in unmittelbarer Nähe zum Friedhof des Lagers befindet. Als wir aussteigen ruft uns ein Mann, der gerade mit seinem Kind an der Schaukel steht zu: „Na, ihr Haßfurter.“ Er hat unser Kennzeichen gesehen und das Autokennzeichen unseres Landkreises kennt er als gebürtiger Ingolstädter schließlich. Seine Frau grüßt uns ebenfalls sehr freundlich. Wir kommen mit den beiden ins Gespräch. Sie wohnen seit längerem hier und empfehlen uns den Besuch des Friedhofes und des Stollens, für den wir einen Spaziergang durch die Siedlung unternehmen müssen, da er sich am Rande des bebauten Gebietes befindet. Wie sich herausstellt, hat die Frau jüdische Wurzeln. Ihr Großvater (oder war es der Vater) war in Mauthausen interniert, dem Hauptlager von Ebensee. Wir denken lange über diesen Zufall nach, erlauben uns kein Urteil, stellen jedoch fest, daß in Österreich wenigstens Hinweisschilder zu KZ-Nebenlager existieren, anders als in Deutschland. Wir können uns nicht erinnern, z.B. in Bad Fallingbostel eine Hinweistafel gesehen zu haben, die auf ein ehemaliges Internierungslager hinweist. Die deutsche Erinnerungskultur erscheint uns ein wenig selektiv, um es vorsichtig auszudrücken.

Zurück in Deutschland fallen uns die überdimensionierten Hinweisschilder zu Kläranlagen auf. Die haben wir in keinem Bundesland in Österreich gesehen. Warum stehen diese Schilder in Deutschland? Gibt es bei uns etwa einen Kläranlagentourismus? Der Bauhofmitarbeiter und sonstiges Fachpersonal dürften doch auch ohne Schild wissen wie sie zur Kläranlage finden. Seltsam, aber so etwas fällt eben auf, wenn man eine Zeit lang die vertraute Umgebung hinter sich läßt.

Das Fazit zu unserer Reise durch Österreich fällt durchweg positiv aus. Wir haben sehr kommunikative und hilfsbereite Menschen kennengelernt, freundlich mit angenehmen Humor, mit denen auch tiefgründige Gespräche möglich und erwünscht waren. Vor allem lohnt es sich, dieses Land abseits der touristischen Hotspots zu erkunden.

Mit Bauernleben reisen wir nicht nur mit Wein aus dem Kamptal….
Ein neugieriges Pony am Abend.
Im Lesachtal bei Maria Luggau.
Der mittlerweile widerlegte geografische Mittelpunkt Österreichs in Bad Aussee.
Wanderung am Altausseer See.
Davor wird natürlich gefrühstückt.
Friedhof des ehemaligen KZ Ebensee.
Das ehemalige KZ-Nebenlager Redl-Zipf in Neukirchen an der Vöckla.
Die letzte Rast auf österreichischem Boden, kurz vor Braunau am Inn.
Ein Zipfer aus Zipf. Es schließt sich der Kreis….
In Altötting.

Idyllisches Österreich bei Kaprun

Kaprun.

Das idyllisch gelegene Kaprun in der Nähe von Zell am See im Salzburger Land. Bekannt wurde es vor allem durch die Brandkatastrophe der Gletscherbahn im Jahre 2000. Die Aufnahme der Geräuschkulisse entstand am Aufnahmeort des Bildes 🙂

Und Tirol?

Durch Tirol fahren, die Landschaft auf sich wirken lassen, dabei den Verkehr ignorieren und den ganzen Klimbim übersehen. Die Berge sind zu hoch, die Täler zu düster, die Häuser zu groß. Die zahlreichen Pässe zu fahren nervt mit der Zeit. Weg von hier….

Gedanken zur österreichischen Küche

Wiener Schnitzel, Tafelspitz und Sachertorte fallen uns zuerst ein, wenn wir an typische Gerichte der österreichischen Küche denken. Der Großteil der Gerichte ist für die Camperküche jedoch ungeeignet, es sei denn man hat einen Ofen an Bord. Meinetwegen auch den immer beliebter werdenden Omnia, aber unsere Meinung zu diesem Küchenutensil ist zwiegespalten. Zum Brötchen aufbacken ist das Teil zu sperrig und für Aufläufe und dergleichen braucht es uns zu viel Energie. Vanillerostbraten, Stephaniebraten, Paprikahendl, Gulasch und Knödel unterschiedlichster Art brauchen ebenfalls Zeit auf dem Herd und im Ofen. Die österreichische Küche ist, im Vergleich zur italienischen Küche mit ihren schnell zubereiteten Nudelgerichten, träge wie ein mit Uhudler abgefüllter Burgenländer. Und dann noch diese Süßspeisen, bestehend aus Zipferl, Kipferl, Nockerln, Buchteln, Reinlingen, Wäschermädeln, Öpfelradeln und was es sonst noch für Gerichte gibt, die mit Zucker verpanscht werden können. Süßspeisen kommen bei uns im Van nicht auf den Tisch. An den Konditoreien laufen wir vorbei und wundern uns über die große Auswahl. Einkaufen würden wir dort nur, wenn sie Saure Gurken im Angebot hätten. Ein perfekt zubereitetes Wiener Schnitzel ist ein Hochgenuß, natürlich am besten mit Kartoffelsalat serviert, statt mit labbrigen Pommes Frites wie es in Deutschland allgemein üblich ist. Ein Schnitzel muß allerdings schwimmen und da wären wir wieder bei der Schwierigkeit dieses Gericht im Camper zuzubereiten. Wohin mit dem ganzen Öl nach dem Bratvorgang? Und wo sollen wir unsere Panierstraße aufbauen? Vom Fahrerhaus bis nach hinten ins Bett? Eine romantische Vorstellung. Bleibt nur noch Wurst- und Käsesalat und die Brettljause. Wenn es sein muß gerne, aber bitte nicht so oft. Und auf das Geselchte haben wir bei über 30 Grad Celsius keinen großen Appetit. Von der Käsekrainer haben wir noch gar nicht gesprochen. Unsere wanderte in Wien in den nächsten Mistkübel. So etwas ist für Masochisten, unsere Geschmacksnerven und Mägen vertragen die geschmacklich übertriebene Überfülle der „Eitrigen“ nicht.

Jede Region Österreichs hat eine eigene Kochtradition, die oftmals von den Nachbarländern beeinflußt wurde. Besonders deutlich wird das bei der Burgenländischen Küche. Da das Bundesland bis 1921 zu Ungarn gehörte, sind heute noch bei vielen Gerichten ungarische Einflüsse vorhanden. Nicht selten spricht man darum auch von der Pannonischen Küche. Es gibt verschiedene Gulaschvarianten, Paprikagerichte und die bekannte Knoblauchsuppe, die wie die spanische Variante, in erster Linie eine Brotsuppe ist, für die das alte harte Brot zur kulinarischen Resteverwertung verwendet wird. Die uns bekannten Rezepte beinhalten entweder Selchspeck, Schlagobers, Rahm, Ei, oder alle Zutaten in Kombination, womit wir wieder bei der Überfülle wären. An dieser Stelle deswegen eine leichtere Variante der Knoblauchsuppe, die es bei uns (mir) öfters gibt. Altbackenes Brot wird im Ofen bzw. in der Pfanne angeröstet. Bei wirklich harten Brötchen und Brot kann darauf auch verzichtet werden. In einem Topf wird in dünne Scheiben geschnittener Knoblauch goldgelb gebraten. Wer mag, kann noch Speck mit anbraten lassen. Dann allerdings die Menge des Olivenöls reduzieren. Eine gute Portion Paprikapulver wird mit dazu gegeben. Der Paprika braucht die Hitze, um sein Aroma zu entfalten. Anschließend kommen die Brotstücke und der Fond bzw. das Wasser in der gewünschten Menge dazu. Jetzt ist der Moment gekommen, um mit Salz, Pfeffer und Chili zu würzen. Pro Person kommt noch ein Ei in die Suppe. Wir lassen es bei geschlossenem Deckel pochieren. Zum Schluß mit Petersilie garnieren und heiß servieren.

Einen Guten

Von G M – Flickr: Sopa de Ajo, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32205947

Im Land der Blauen – Kärnten

In Ferlach, der südlichsten Stadt Österreichs, stehen wir zwei Tage lang auf einem städtischen Stellplatz. Nach Klagenfurt sind es ca. 20 Kilometer und dort hat Karin einen Termin in einer Zahnarztpraxis, da ihr morgens beim Biß in das Brötchen ein Stück Zahn abgebrochen ist. Die Kosten der Behandlung stellen sich als ausgesprochen moderat heraus, vor allem wenn man bedenkt, daß es sich um eine Privatabrechnung handelt. Nachdem der Zahn versorgt wurde, besuchen wir die Innenstadt von Klagenfurt. Danach fahren wir wieder zurück nach Ferlach ins Rosental, um unsere zweite Nacht dort zu verbringen. Beim örtlichen Bäcker wird unsere Anwesenheit aufmerksam registriert. Dort kennt man mittlerweile unsere Brötchenvorlieben und natürlich weiß die Verkäuferin bereits, daß wir wieder in der Stadt sind. Beruhigend, soll doch das Rosental für seine hohe Kriminalität bekannt sein, wie uns am nächsten Tag versichert wird. Nach einer mehrstündigen Wanderung in der Tscheppaschlucht und einem kurzen Abstecher zum Meerauge im Bodental, erreichen wir abends einen Hof bei Gurk, den wir über Bauernleben gefunden haben.

Wildensteiner Wasserfall unweit der Ortschaft Gallizien.
In der Fußgängerzone von Klagenfurt.
Der Lindwurmbrunnen in Klagenfurt. Das Wahrzeichen der Stadt.
Unser Stellplatz auf dem Hof Lucky Bur.
Der Troadkasten hat schon bessere Zeiten gesehen.
Eine historisch provisorische Behausung für Waldarbeiter und gerne genutzter Platz für Schmuggler.
Am Meerauge im Bodental.
Am Millstätter See in Kärnten.