Die Band umrundete uns am Abend dreimal am Stellplatz und zog dann weiter ins Gemeindezentrum von Algondonales.
Andalusien – Gewächshäuser und Westernfeeling
Wir bleiben unseren Grundsätzen treu und umfahren die großen Städte weiträumig. Kein Valencia, Cordoba, Granada, Malaga, Sevilla, Huelva, Cadiz und dergleichen. Wir waren ca. 100 Kilometer von Madrid entfernt und haben kehrt gemacht. Wenn uns nach der Alhambra und dergleichen gelüstet, kaufen wir uns einen Bildband. Dort sieht man die architektonischen Wunderwerke haarscharf und ohne Touristenmaßen. Die Bücher bieten in der Regel auch eine bessere Beschreibung, als die Infotafeln vor Ort und wir haben so viel Phantasie, daß wir uns die Must haves visualisieren können, ohne die Ströme von quakenden Asiaten mit ihren Teleskopstangen fürs Smartphone. Wir müssen nichts. Wir reisen schließlich und klopfen keine Reiseführer ab, die allesamt nur die Touristenströme kanalisieren, ergo niemals von den Plätzen des wirklichen Lebens berichten. Wir suchen die Pampa und Naturparks, von denen es in Spanien einige gibt und die bisher auch alle sehr beeindruckend sind. Ansonsten genießen wir die Ruhe der Dörfer und Kleinstädte, die am Tag ziemlich ausgestorben wirken. Wenn es Abend wird, kriechen die Einheimischen plötzlich wie die Vampire aus ihren Grüften und die Geräusche intensivieren sich. Fernab der Touristenströme ist der Kaffee günstig und die Bauern winken oft, wenn sie vorüber fahren. Die Dörfer liegen eingebettet zwischen sanften Hügeln, die Fassaden sind weiß gestrichen und blenden das Auge des Vorüberziehenden in der Sonne. Südlich von Sevilla ist die Landschaft flach und langweilig. Die Umgehung von Sevilla war chaotisch. Automassen und Staus umkreisen die Stadt.
Das Hinterland ist dagegen dünn besiedelt und die Landschaft mit den uns immer begleitenden Bergen in der Ferne öffnet den Blick für die Weite und wirkt entschleunigend.
Andalusien – Berge und Naturparks
Wenn wir den spanischen Straßenzustand mit dem italienischen vergleichen, sind wir von ersterem angenehm überrascht. In Italien haben wir auf den katastrophalen Straßen unseren Wagen bis an seine Grenzen malträtiert. Die Löcher, Risse und Brüche im Belag zogen sich durch das ganze Land. In Frankreich und Spanien ist die Situation ganz anders. Die Straßen sind in einem erstklassigen Zustand, ohne Übertreibung auch besser als in Deutschland. Hier macht es Spaß mit unserer „Prinzessin auf der Erbse“ das Hinterland von Spanien zu erkunden. Dort gefällt es uns sowieso besser als an der Küste. Die Bergdörfer und kleinen Städtchen sind beschaulicher als der Moloch an der Küste, der verbaut und überlaufen ist. Vor allem reiht sich dort an den freien Stellplätzen ein Wohnmobil an das andere. Sicher, die Temperaturen sind am Meer bei weitem milder als im Inland, denn relativ schnell zieht sich die Landschaft von der Küste auf 800 – 1200 Meter hoch. Doch lieber 5° Celsius am Morgen im Auto, als mit 20 Wohnmobilen um die raren Plätze am Meer zu konkurrieren. Das ist nicht so unser Ding, um es mal lindenbergisch auszudrücken. Wir frieren dann mal ganz cool ein wenig. Die Naturparks in Spanien sind beeindruckender als die Städte. Der Charakter der Landschaft wechselt dort ständig. Die Farben der Böden, die Felsformationen, das Licht und in manchen Gebieten herrscht richtiges Wüstenklima. Es ist dort um diese Jahreszeit schon heiß am Tage, doch das Thermometer fällt bedenklich tief in der Nacht. Der Sternenhimmel erscheint dann leuchtend hell und klar, wüstenartig eben. Die Spanier sind anscheinend keine Nudelesser. Das Angebot im Supermarkt ist sehr überschaubar. Nicht gerade ideal für uns, da sich die Kochzeit von Nudeln im Vergleich zu Kartoffeln und Reis in Grenzen hält. In kulinarischer Hinsicht sind wir beide wohl eher italienisch gepolt. Das italienische Olivenöl ist übrigens auch um Welten besser als das spanische, zumindest ist das unser Eindruck bisher. Die Spanier produzieren ungefähr das Zehnfache der Italiener oder der Griechen und vermutlich leidet bei dieser immensen Menge auch die Qualität darunter. In manchen Regionen fuhren wir über hundert Kilometer nur an Olivenhaine und Weinplantagen vorbei und hindurch. Monokultur der südwestlichen Art sozusagen. Von den Gewächshäusern in Almeria, die sich in der Küstenregion bis an den Horizont erstrecken, wollen wir gar nicht erst reden, aber irgendwo müssen die Tomaten produziert werden, die auch in den Wintermonaten im heimischen Supermarkt angeboten werden. Wir haben den Eindruck, daß die Fischtheken in Spanien noch opulenter bestückt sind als in Italien. Fische, Meeresfrüchte und allerlei Hummer- und krebsartiges wird angeboten. Im Vergleich mit der Fischtheke zu Hause ein Paradies für Fischliebhaber. Hier erwartet und verlangt man nicht nur eine geräucherte Makrele oder einen in Mayonnaise ertränkten Fischhappen. Den Teufelsfraß Pangasius haben wir ebenfalls noch nicht gesichtet. Die Menschen sind in der Regel sehr freundlich, aber die Sprachmelodie des Spanischen ist unsere nicht. Die Aussprache klingt hart, laut und oft haben wir den Eindruck, eine resolute spanische Donna (z.B. eine Schweinehälften pökelnde Dulcinea) schultert gleich eine Schinkenkeule und haut mit einem lispelndem Schrei das Schweinebein irgendjemandem auf den Kopf. Eine Umfrage in Deutschland hat herausgefunden, daß die Deutschen die spanische Sprache als die schönste erachten. Das können wir nicht nachvollziehen. Im Bereich der europäischen Sprachen stehen bei uns italienisch und vor allem französisch auf der Wertungsskala weiter oben. Aber die Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.
Geräusche – Ubeda
In einem Café am zentralen Platz in Ubeda.
Ein Straßenmusikant in Ubeda.
Aus der Camperküche – Chipirones en su tinta
Auf den Flügen von den Kanaren nach Hause waren die Koffer jedes mal mit einer Köstlichkeit gefüllt, die es in Spanien in jedem Supermarkt zu kaufen gibt, aber in Deutschland nur schwer zu bekommen ist, nämlich Unmengen an Dosen mit Calamares en su tinta, sprich Tintenfisch in eigener Tinte. Die wurden dann gehortet und nur zu bestimmten Anlässen gönnte ich mir eine Dose zum Frühstück bzw. als Abendessen.
Spanien ist für mich in dieser Hinsicht ein kulinarisches Paradies. Hier gibt es nicht nur die Dosen, sondern Calamares und Chipirones gibt es an jeder Fischtheke zu kaufen und vor allem die für ein authentisches Rezept unverzichtbare Sepiatinte ist im Kühlregal erhältlich. Was liegt da näher, als Chipirones en su tinta einmal selbst zuzubereiten. Dazu benötigen wir Olivenöl, eine oder zwei Zwiebel, ein paar Zehen Knoblauch, eine grüne Spitzpaprika, Chipirones (in diesem Fall TK-Ware) und natürlich Sepiatinte. Die Zwiebel und den Knoblauch schneiden wir klein, die Paprika in feine Ringe. Im Topf lassen wir das Ganze vor sich hin schmoren und geben dann die Dosentomaten dazu, danach salzen. Wer möchte kippt noch einen Schuß Weißwein hinein. Wir reduzieren die Soße und geben schließlich die Sepiatinte und die Chipirones mit in den Topf. Auf kleiner Flamme köcheln wir die Chipirones in ca. 25 Minuten gar. In vielen Rezepten wird die Soße püriert und anschließend passiert, evtl. mit Brot angedickt. Wir mögen das Gericht auch mit den noch sichtbaren Zutaten, vor allem bedeutet es weniger Arbeit und Abwasch in unserer Campingküche. Ein gutes Weißbrot dazu und fertig ist das Abendessen, oder eine Tapa als Zwischenmahlzeit.
Wie frische Chipirones von der Fischtheke vorbereitet werden, sieht man im Rahmen dieser Rezeptpräsentation (Video).
Auf den Spuren Don Quijotes
Von Oliva aus geht es Richtung Norden nach Yecla. Dort übernachten wir.
Am nächsten Tag brechen wir Richtung Nordwesten auf, nach Kastilien-La Mancha, eine der am dünnsten besiedelten Regionen Spaniens. Die Landschaft liegt auf einem Plateau von ca. 700 Metern. Auffällig ist die variationsreiche Farbenvielfalt der Böden. Von ockergelben Äckern, bis zur tiefroten Scholle findet sich eine faszinierende Bandbreite. Die Landschaft ist relativ flach und bis an den Horizont erstrecken sich Weinreben und Olivenhaine. In La Mancha werden mehr Rebsorten angebaut, als in jeder anderen Region weltweit. In dieser Gegend siedelte Miguel de Cervantes die fiktive Gestalt Don Quichotte an. Hier zog er mit seinem Pferd Rosinante und seinem Knappen Sancho Pansa zu seinen Abenteuern aus, wie den Kampf gegen Windmühlen, oder irgendwelchen Riesenwürsten. Wir besuchen El Toboso, einen der wenigen Orte, die in Cervantes Roman namentlich erwähnt sind. Es ist die Heimat von Dulcinea, der idealisierten Geliebten des „Ritters von der armseligen Gestalt“. Laut Sancho Pansa ist sie allerdings nur ein dummes Bauernmädel mit „Haaren auf den Zähnen“, die den lieben langen Tag nur Schweinefleisch pökelt. Wie dem auch sei, in El Toboso könnte man den Showdown eines Western drehen. Das Kaff wirkt auf uns verschlafen, der Wind weht Äste über die Straße. Hier möchten wir nicht tot über dem Zaun hängen. Wer nicht schon irre ist wie der Ritter (oder waren Sanch Pansa und die Umwelt die Verrückten :-)), der wird es hier irgendwann vielleicht. Wir flanieren durch den Ortskern und suchen relativ schnell das Weite.
In Consuegra, unterhalb der Burgruine und den flankierenden Windmühlen verbringen wir die Nacht.
Wir sind nicht allein. An die zehn Wohnmobile stehen bereits auf dem Parkplatz. Es scheint, als seien einige Reisende auf den Spuren des spanischen Hidalgo.
Campingplatz – waschen, duschen, reparieren
Wir stehen drei Tage auf einem Campingplatz in Oliva bei Walter und seinen Freunden.
Nach einer Woche wird es wieder mal Zeit für eine Dusche und manche Klamotten können auch wieder eine Wäsche vertragen. Wir haben einen exklusiven Platz ergattert und stehen direkt auf den Dünen, allerdings dicht an dicht gedrängt mit anderen Wohnmobilen. Auf Dauer wäre ein Urlaub auf dem Campingplatz nichts für uns. Wir sind keine „Steher“, sondern „Zieher“. Die abgeschottete Campingwelt mit ihren eigenen Regeln ist nicht unser Ding, lieber stehen wir frei irgendwo in der Pampa, oder auf irgendeinem Parkplatz. Sich keine Gedanken über Wasser-, Abwasser- und Stromstand machen zu müssen ist manchmal allerdings ganz angenehm. Der gegrillte Tintenfisch im angeschlossenen Restaurant ist jedenfalls zart und die Marinade sehr lecker.
Die Zeit auf dem Campingplatz nutzen wir wie immer, um diverse Reparaturen durchzuführen. Der vordere rechte Spritzlappen ist locker und hat beim Fahren durch sein Geklapper unsere Nerven strapaziert. Zuerst dachte ich ein Gummidistanzstück hat sich verabschiedet, jedoch ist nur die Klemmschraube locker. Unser Waschbecken ist erneut undicht und das Wasser fließt durch unseren Schrank. Mit selbst verschweißendem Reparaturband abgedichtet, dürfte es einige Zeit lang halten. Außerdem macht der Gaseinsatz des Trangiakochers seit einiger Zeit Probleme. Um an die verstopfte Düse zu gelangen ist Ballistol bzw. Caramba und ein paar Stunden Wartezeit nötig. Ein 8er Maulschlüssel und eine dünne Nadel sind bei der Problembehebung ebenfalls von Vorteil 🙂
Geräusche – Breisach
Morgens am Stellplatz in Breisach.
Im Land der Schleifen
Katalonien – An vielen Balkonen und Fenstern hängt die Landesflagge. Auf dem Asphalt der Straßen prangt die gelbe Schleife. Manchmal vereinzelt, oftmals in Gruppen gesprayt. Am Straßenrand sind Schleifen kilometerlang an Zäunen und Fahrbahnbegrenzungen gebunden. Im ersten Moment könnte man meinen, es handle sich um eine Maßnahme der Straßenwacht, doch durch die Häufung der gebundenen Artefakte kommt man schließlich zu einer anderen Einschätzung, die Presse spricht sogar vom „Krieg der Schleifen“. Hier wird protestiert, sichtbar und unmissverständlich. Die Graffiti, die von Freiheit und Unabhängigkeit träumen unterstreichen das Ganze. Die Landschaft Kataloniens ist abseits der Küste atemberaubend schön. Hügelig bis bergig, mit moderaten Schluchten durchzogen. Die Menschen wirken in ihrer Art auf uns sehr offen.
Da wir schon mal hier sind, statten wir dem Kloster Montserrat einen Besuch ab. Leider haben wir uns einen schlechten Tag, bzw. das falsche Wetter ausgesucht. Wir sehen kaum unsere Hand vor Augen. Mitten in den tief hängenden Wolken kriechen wir langsam auf 700 Meter hoch. Oben angekommen können wir vor lauter Dunst die imposante Anlage nur erahnen. Das Bergmassiv, sowie das Kloster sind für die katalanische Kultur von hoher symbolischer Bedeutung. Die Schutzheilige des Landes, die aus dem 12.Jahrhundert stammende Schwarze Madonna Unserer Lieben Frau von Montserrat befindet sich in der Apsis des Klosters. Im Museum finden sich Werke von Caravaggio, El Greco, Dali, Tiepolo, Picasso, Monet, Degas und einigen anderen Künstlern. Und vor allem wird hier der Llibre Vermell de Montserrat verwahrt. Die Komposition Stella splendens (Video) ist ein Teil davon.
Go West…
Wir fahren nach Breisach und übernachten direkt am Rhein. Auf der anderen Seite liegt Frankreich, die französische Schrift des Bootsanlegers ist deutlich zu sehen. In der Nacht fällt die Temperatur im Van auf 3° Celsius. Am Morgen lassen wir für eine halbe Stunde die Gasheizung laufen. Kuschelige Temperaturen sehen irgendwie anders aus. Über Mulhouse und Belfort fahren wir nach Bourg-en-Bresse und verbringen dort unsere zweite Nacht auf einem kostenlosen kommunalen Stellplatz. Die Temperaturen sind ein wenig erträglicher geworden. Und das Angebot an französischen Leckereien ist nicht zu verachten. Das Baguette ist wie immer lecker und günstig. Und die Franzosen sind einfach Genießer. Hase und Huhn werden mit Kopf und Innereien verkauft, denn sie werden auch verzehrt. Die Grenze der Schweinelendchenkultur haben wir glücklicherweise überschritten. Es überwiegen schmackhafte Käsesorten, Rillettes und Pasteten, die mit einer Fettschicht überzogen sind. Und an der Autobahnraststätte findet man Poularden im Kühlregal. Wir stellen fest, daß wir ganz vergessen haben, wie schön Frankreich ist. Auf unseren früheren Reisen durch das Land hatten wir immer diesen Eindruck, er hat sich wieder bestätigt. Die Menschen sind nett, die Gespräche sind gedämpft. Bei den Bewohnern handelt es sich in der Regel um „Leisetreter“ und die Landschaft bezaubert durch ihre Vielfältigkeit. Die Maut ist hier zwar sündhaft teuer (ein Lob auf die Schweizer, die noch am billigsten sind), aber nicht nur die Autobahnen sind dafür in einem besseren Zustand, als die Straßen in Deutschland. Je länger wir reisen, desto fester manifestiert sich bei uns die Überzeugung, daß Deutschland in vielen Dingen mittlerweile abgehängt wurde. Telekommunikation, Straßenverhältnisse, aber auch der Servicegedanke an der Straße und im Land stehen in Deutschland nicht an erster Stelle. Das Land verabschiedet sich so langsam in die zweite Liga. Die Stellplätze für Wohnmobile sind in Frankreich meistens kostenlos und gut ausgestattet. Einen Ablaß für das Brauchwasser findet man ebenso, wie eine Möglichkeit seine Chemietoilette zu entleeren, oder Frischwasser zu tanken. Die Rastplätze sind stilvoll mit Bänken, Tischen und viel Grün angelegt, am Straßenrand geht es hier jedenfalls nicht finnisch zu. Nach einem kurzen Abstecher nach Pierrelatte, der französischen Partnerstadt von Haßfurt,
fahren wir nach Chusclan, einem kleinen Ort in unmittelbarer Nähe von Orange und verbringen unsere zweite Nacht in Frankreich.
Am nächsten Tag kaufen wir noch ein paar Flaschen Rosewein in der örtlichen Kelterei und machen uns auf den Weg nach Espéraza, wo wir unsere dritte Nacht in Frankreich verbringen. Am nächsten Tag geht es über die Pyrenäen nach Spanien.