Vom Massif Central nach daheem

Zurück in Deutschland werden die Unterscheide zwischen Spanien/ Frankreich und Deutschland besonders offensichtlich. Wie schon öfters erwähnt, muß man in Deutschland öffentliche Mülltonnen suchen. Klar, in südlichen Ländern stehen die Alltagsmülltonnen der Menschen an den Straßen und Häusern, aber davon ist hier nicht die Rede. Es geht um die Park- und Rastplätze und in dieser Hinsicht sind uns diese Länder (mittlerweile) um Welten voraus. Hier wird, anders als bei uns, durch Plakate und Schilder kein müllfreier Parkplatz herbeigewünscht, sondern etwas getan. Es werden Mülleimer aufgestellt. So einfach ist die Lösung. Nicht an das moralisch-ökologische Gewissen appellieren, sondern praktisch handeln ist die Devise. Und sie geht auf. Die Straßenränder in Frankreich sind heute weniger versifft als bei uns. Den „Mülltrennern“ der Welt geht es anscheinend eher um das individuelle Müllbewußtsein, als um die öffentliche Sauberkeit. Ja, der Einwand „Es kost halt a Gald“ liegt nahe. Doch bleibt zu fragen, ob denn die französischen und spanischen Kommunen nicht rechnen können? Warum praktizieren die das, während wir unsere öffentlichen Mülleimer abbauen bzw. nur spärlich aufstellen? Glauben wir in Deutschland wirklich, daß der lettische LKW-Fahrer seine leere Fischsalatverpackung wieder mit nach Hause nimmt? Wenn kein Mülleimer da ist, wird er den Kram in der Pampa abladen. Wohin auch sonst? Dafür würden auch wir den nächsten Wertstoffhof nicht ansteuern.

Chateau de Polignac in der Abendsonne..
Die Übersetzung für Angeln ist“Pfirsich“.

Unsere Souvenirs sind alle von kulinarischer Art. Der Speck aus dem Baskenland fehlt auf dem Bild. Er erinnert in seiner Machart an einen italienischen Guanciale und wird uns in einigen Carbonara-Gerichten sicher guten Geschmack geben. Bei der Verköstigung auf dem Hof wird er hauchdünn aufgeschnitten und kurz erwärmt. Das Ergebnis: Er schmilzt wie Kaviar auf der Zunge. Wir sind auf alle Fälle gespannt. Schnecken und Schweineohren sind in Deutschland sehr schwer zu bekommen, deswegen sind sie als Dosenware mit dabei. Und die Calamares in eigener Tinte müssen einfach mit. Die alten Bestände aus Lanzarote sind längst aufgebraucht. Was gibt es köstlicheres zum Frühstück, als eine Dose Calamares en su tinta mit Toastbrot.

Öffentliche Mülltonnen. Eine seltene Erscheinung in Deutschland.

In Spanien und Frankreich tippen wir auf Displays wie an einem Bankautomaten herum. Die Bezahlung der Serviceleistung geht nur mit Kreditkarte (nicht mit EC), danach öffnet sich die Schranke und der Stellplatz kann befahren werden. Videoüberwachung ist natürlich obligatorisch. Immer mehr kommunale Stellplätze sind mit dieser Technik versehen. In Deutschland bezahlt man dagegen immer noch mit der guten alten Münze. Kartenzahlung gibt es hier nicht. Sollen wir das bedauern? Nein. Uns ist die Bezahlung in Münzen lieber. Da haben wir mehr Kontrolle. Dennoch ist der Befund bezeichnend. In Hinblick auf den Ausbau digitaler Technik sind wir nicht nur Mittelmaß, sondern reihen uns in Deutschland eher in die hinteren Ränge ein, so zumindest unser Eindruck nach drei Jahren, in denen wir unterschiedliche Ländern Europas bereist haben. Da ändert auch eine Digitaltussy „Bär“ nichts daran. Im Gegenteil, irgendwo hier zwischen Personalienschieberei, konservativen Verhalten der Menschen und staatlicher Überregulierung dürfte der Hund begraben sein.

„Nur Bares ist Wahres….“
Ohne Münzen geht nix.

Der Schamane von Lascaux

Im französischen Baskenland, in der Nähe der Gemeinde Hasparren statten wir den Höhlen Isturitz und Oxocelhaya einen Besuch ab. In Spanien steht für uns die für ihre Darstellungen bekannte Altamira-Höhle auf dem Programm. Zu einem Besuch kommt es allerdings nicht, da dem Parkplatzwärter unser Parkverhalten mißfällt, er uns durch diesen Zwischfall unsere Motivation raubt, worauf wir das Weite suchen. Altamira werden wir in diesem Leben wohl nicht mehr sehen. Im spanisch-französischen Grenzgebiet befinden sich jedoch einige Höhlen, die für die prähistorische Forschung von herausragender Bedeutung sind. Als wir den Shell-Atlas studieren, um unsere Rückreise aus Spanien zu planen, entdecken wir in der Nähe der französischen Stadt Périgueux den Eintrag Grotte de Lascaux.

Zu dieser Höhle habe ich einen persönlichen Bezug. In meiner Magisterabschlußprüfung in Ethnologie wurde mir von meinem Professor eine Darstellung aus der Höhle vorgelegt, die ich interpretieren sollte. Sie zeigt ein Bison und einen Mann. Das von einem Speer durchbohrte Bison, dessen Eingeweide aus dem Bauch herausquellen, geht auf einen gestürzten Mann mit Vogelkopf los, der vierfingerig (Vögel) und mit erigiertem Geschlecht dargestellt wird. Eine gebrochene Speerschleuder (?) mit Vogelkopf liegt an seiner Seite. Was könnte nun diese Malerei darstellen? Naheliegend wäre es, sie im Bereich der Jagdmagie zu verorten, die mit dem Begriff „Herr der Tiere“ umschrieben ist. Diese Interpretation wird auch während der Führung in Lascaux angesprochen. Eine Interpretation im Rahmen des religiösen Komplexes des Schamanismus ist für die Gästeführerin jedoch plausibler. Und in diese Richtung hatte ich damals in meiner Abschlußprüfung argumentiert. Der Schamane mit seiner Vogelmaske und der Abbildung seines Krafttieres auf der gebrochenen Speerschleuder ist in Trance. Er befindet sich zwischen den Welten von Leben und Tod (erigierter Penis!). Damals wußte ich nicht, daß die Malerei im ca. 2,5 Meter langen „Schacht“ angebracht wurde, einen schwer zugänglichen Bereich im hinteren Teil der Höhle und das man sich aufgrund des Sauerstoffmangels dort nur für maximal zehn Minuten aufhalten kann. Diese Tatsache ist natürlich sehr aufschlußreich, handelt es sich doch somit nicht nur symbolisch um einen Ort zwischen Leben und Tod. Der Aufenthalt dort war für die Menschen ein gefährliches Unterfangen, und nur durch Abseilen möglich. Nimmt man all diese Aspekte zusammen, so liegt es nahe, der Malerei eine religiöse Konnotation zuzuschreiben. Ob nun schamanistische Vorstellungen in Stein gebannt wurden, oder ob die Darstellung mit dem Komplex von Übergangsriten in Verbindung steht, werden wir 20000 Jahre später nicht mit Sicherheit beantworten können. Die Konzepte zur Interpretation der Höhlenmalerei stehen allerdings zu unserer Verfügung.

Alte Markthalle in Montignac-Lascaux.
Eingangsbereich zu Lascaux IV.

Mirakel, Wünsche und Wunder…

Wir haben bisher nichts über unsere Reise an den Yesa-Staussee, noch zum Kloster San Juan de la Pena geschrieben. Karin meint scherzhaft, daß wäre ja „Sünde“ und lenkt mit dieser Begrifflichkeit unsere Gedanken schlagartig Richtung Lourdes. In der, nicht einmal unattraktiv gelegenen Stadt finden wir sofort einen Parkplatz. Auf dem Weg zur Grotte säumt der Kitsch die Straßen. An die 200 Devotionalienläden soll es hier geben. Von der Plastikmadonna bis zum Armband aus Olivenholz kroatischer Produktion bekommt man den ganzen Krempel, den Gläubige aus aller Welt an einem Wallfahrtsort erwarten. Die Straßencafes und Restaurants sind gut besucht. Beim Vorbeilaufen werfen wir einen Blick auf die Teller der Gäste und entdecken Internationale Einfaltslosigkeit. Die Calamari mit Pommes sehen in Lourdes genauso gummiartig-fettig aus, wie an der Bude im Haßfurter Industriegebiet. Der internationale Glaube und die kulinarische Geschmacklosigkeit gehen Hand in Hand. Der große zentrale Platz in der Nähe des Heiligtums ist fast komplett leer. Nur vereinzelt laufen Menschen. Ab und an kommen Gruppen vorbei, die für uns mit ihren Halstüchern und ihrer uniformen Kleidung wie Pfadfinder aussehen. Dazwischen Frauen in weißen Gewändern. Man könnte meinen, hauswirtschaftliche Fachkräfte wären unterwegs zu ihrem Arbeitsplatz in irgendeiner Großkantine in der Nähe. In der Grotte selbst, freut sich Cov-19 über seine leichte Verbreitung. Die Hände, die dort an einem Tag die Wände berühren, werden wir in unserem restlichen Leben nicht mehr schütteln. Seltsames Volk, das mit Maske vor die Grotte läuft und anschließend die Bazillen aus aller Welt von der Wand kratzt, um sie auf Haar und Mund zu verteilen. Wir lassen nebenan das „heilige Wasser“ in unsere Flasche laufen und machen uns auf den Weg zurück zum Van.

In den Gassen von Lumbier.
Im Foz de Lumbier.
Fundstücke am Weg. Eine Scheibe Chorizo.
Auf dem Weg zu einem der bedeutensten Klöster in der spanischen Geschichte.
Brücke in Lestelle-Betharram.
Auf dem Weg zur Grotte in Lourdes.

Im Moment ist der Automat mit den Franziskusmünzen defekt. Eine „Bernadette“ könnten wir noch kaufen.

Süßkram wie in einem schwedischen Supermarkt.
Bestuhlung an der Grotte. Rechts der Gave de Pau.
Plastikkrippen, die nationale Klischees bedienen. Josef und Maria im Trachtengewand vor dem Brandenburger Tor. Links der Berliner Bär und rechts ein überdimensioniertes Bierfaß.

Baskisches Blut

Das Baskische Blut hat eine politische, eine kulturelle und eine kulinarische Dimension. Die politische ist schnell umrissen und steht im Zusammenhang mit dem Terror durch die ETA und die Unabhängigkeitsbestrebungen vieler Basken, die sich vom spanisch empfundenen Joch befreien wollen. Die kulturelle Dimension findet ihren Niederschlag darin, daß Baskisch eine isolierte Sprache ist. Sie ist weder indogermanischen Ursprungs, noch mit einer anderen Sprache verwandt. In der baskischen Gesellschaft findet man außerdem häufig die Blutgruppe 0, Rhesusfaktor „negativ“, die im restlichen Europa relativ selten ist. Die kulinarische Dimension lernen wir auf einem landwirtschaftlichen Hof kennen. Dort werden Schafe und Schweine in ökologischer Landwirtschaft zusammen gehalten. Das Endergebnis kann sich schmecken lassen. Die Boudin noir ist sehr schmackhaft und der Speck, der in seiner Machart an einen italienischen Guanciale erinnert, zergeht nach einer leichten Temperierung und hauchdünn aufgeschnitten auf der Zunge wie Kaviar.

Die Boudin noir und, der Speck sind sehr köstlich.
Unser Schlafplatz auf dem Puerto de Ibaneta.
Die Pilgerkapelle San Salvator auf dem Pass Puerto de Ibaneta.
Fundstück in Roncesvalles.
Ausgestorben wirkende Gassen am Mittag.
Imposante Burg im navarrischen Artajona.
Müll auf baskisch.
Der „Kraftort“ Santa Maria de Eunate.
Kein historischer Steinkreis, sondern ein Mahnmal für die Opfer von 1936/37 durch die Franco-Diktatur. 19 Stelen stehen für die jeweiligen Ortschaften, in denen 92 Hingerichtete zu beklagen sind.
Schwitzend im Dolmen.

Von Lit-et-Mixe an den Rand des Limbus

Wir fahren durch die Mitte Frankreichs, von Ost nach West. Kühe begleiten uns seit Tagen. Erst dominieren weiße Rassen, bis sie je weiter westlich wir kommen, von braunen abgelöst werden. Auf unserer gewählten Route haben wir den Eindruck, dieses Land besteht nur aus Rindern und Landwirtschaft. Frankreich ist ein weites Land und da wir aufgrund der Preise auf Autobahnen verzichten, kommen wir nur langsam voran. Doch wir haben Zeit. Die National- und Provinzstraßen sind für eine Annäherung an das Land sicher hilfreicher, als das stupide „Strecke machen“ auf den Autobahnen. Auffällig sind die vielen Alleen, die nicht nur an den Straßen stehen, sondern sogar auf den Äckern der Bauern zu sehen sind. Der französische Landwirt ackert einfach zwischen den Bäumen hindurch, statt sie heraus zu reißen. Um die Äcker steht das „Unkraut“ in Form von Farnen, Hecken und allerlei Gestrüpp. Was für ein Kontrast zu den Äckern bei uns vor der Haustür mit ihrer antiseptischen Anmutung. Die Baguettes sind köstlich, doch muß man zum Bäcker im Ort mit der schmuddeligen Fassade. Die Supermarktvariationen bzw. die Boulangerien, die im modernen Architektureinheitsbrei ihr Backwerk anbieten, bewegen sich auf ähnlichem Niveau wie bei uns zuhause. Escargots, Pasteten, Terrinen und Rillettes gibt es hier nicht nur reichlich, sondern auch in guter Qualität. All diese Dinge vermissen wir in deutschen Supermärkten. Dort findet man Genuß immer seltener. Stattdessen herrscht bei uns das Credo des „Light“ mit seinen Camemberts, Limburgern und Harzer Rollern die nicht mehr stinken und fließen. Der französische Weichkäse duftet nun schon seit zwei Tagen in unserem Kühlschrank, hat bereits eine leicht braune Rinde und wird im Geschmack immer besser. Frankreich hat uns wieder.

Pfingstfest in Fessenheim.
In Moulins. Kühe begleiten uns seit Tagen in Frankreich.
An unserem Stellplatz in Belin-Béliet.
Auf dem Weg zur Dune du Pilat.
Reste von Bunkern, die 1944 von deutschen Marineeinheiten genutzt wurden.
Viele Bunker sind abgerutscht bzw. befinden sich mittlerweile vollständig unter Wasser.
Wir besuchen ein gutes Lokal in LIt-et-MIxe.

Für unsere Reise durch Norwegen und Finnland hatten wir die entsprechenden Ausgaben der „Gebrauchsanweisungen“ aus dem Piper Verlag dabei. Dabei handelt es sich um sehr brauchbare kleine Reiseführer, die den Leser auf kurzweilige Art in die Eigenheiten des jeweiligen Landes bzw. der Region einführen. Den Band Gebrauchsanweisung für Bordeaux und die Atlantikküste von Alexander Oetker empfehlen wir dagegen nur, wenn sich der Leser insbesondere für die Kulinarik des Landstriches interessiert. Uns fehlt in diesem Buch ein wenig der geschichtliche Hintergrund bzw. die augenzwinkernde Distanz zum Thema. Wir folgen einem Vorschlag des Autors und fahren nach Lit-et-Mixe. Dort soll es im Restaurant LÈstonquet regionale Küche vom Feinsten geben. Die Bedienungen tragen Alltagskleidung, das Klientel besteht auf dem ersten Blick aus Gästen des Umlandes. Auf der Tageskarte steht sie ganz oben, die Foie gras. Sie auf der Speisekarte eines deutschen Restaurants zu finden ist nicht so einfach. Die Herstellung ist dort verboten, der Verkauf jedoch erlaubt. Im Südwesten Frankreichs ist sie so gängig, wie der Weiße Pressack für den Franken. Vom Feinkostgeschäft bis zum Supermarkt, sie ist in dieser Region einfach allgegenwärtig. Mag sein, daß es sich bei der Stopfleber um einen besonderen Genuß handelt (sie zergeht auf der Zunge), die den Franzosen eine Einordnung als „gastronomisches Kulturerbe“ wert ist. Sicher, wer Tiere verspeist, muß mit deren Mast leben, jedoch sind die letzten zwei Wochen für die Tiere die reinste Hölle. Sie werden „genudelt“, bis die Leber des Tieres so verfettet ist, daß das Tier durch die Schlachtung nur noch erlöst werden kann.

Lachsforelle auf Mandeln mit Beurre blanc.
Foie gras mit köstlicher Soße.

In der Nähe von Lit-et-Mixe befindet sich der Strand Cap de L’Homy, der vor allem bei Surfern beliebt ist. Natürlich gibt es hier auch einen Campingplatz, auf dem man unter Pinien in der Nähe des Strandes steht. An der Rezeption findet bereits um diese Jahreszeit eine Massenabfertigung an zwei Schaltern gleichzeitig statt. Nach einer kurzen Diskussion machen wir kehrt und verlassen diesen Ort fluchtartig. Unter Pinien zu stehen halten wir nicht für den Inbegriff von Romantik und die „Lifstylecamper“ mit ihren Yogamatten und Selbsterkenntnisgesichtern gehen uns mittlerweile auf den Sack. Strände, Seen und Flüße, die heilige Dreifaltigkeit unseres Fluchtreflexes. In diesem Limbus (Vorhölle) wollen wir nicht verweilen. Wir stürzen zurück ins Zentrum. Einige Kilometer landeinwärts stehen wir auf einem ruhigen kommunalen Stellplatz. Mitten unter Franzosen, die ganz gemächlich ihr Boule-Spiel zelebrieren. Hier fühlen wir uns wohler.

Frankreich im Schweinsgalopp

Wir hätten gerne länger Zeit gehabt für dieses wunderschöne Land, doch täglich ändert sich die gesetzliche Lage in Sachen Covid-19 und die Infiziertenzahl schießt in die Höhe. Anders als auf spanischen Autobahnen, herrscht in Frankreich Hochbetrieb. Wir hoffen, daß sie nicht dem Beispiel vieler Madrilenen folgen und in die ländlichen Regionen einfallen. Hinsichtlich Infektionsschutz wäre das natürlich katastrophal, aber irgendwie sieht alles danach aus. Am Abend ist aus den Medien zu entnehmen, daß Macron eine Ausgangssperre verhängen will, mit Sicherheit ein richtiger Schritt. Nach fast 700 Kilometern Fahrt heute (mit fast 150€ Mautgebühr bisher, machen die „Saugnäpfe“ einen immensen Gewinn mit Rückkehrern, die im Normalfall die kostenlosen Nationalstraßen fahren würden), kommen wir der deutschen Grenze näher. Metz in Lothringen ist noch an die 400 km entfernt. Da für uns die nördliche Route kürzer ist, fahren wir morgen im Laufe des Tages bei Saarbrücken über die Grenze.

Aber, es gibt noch ein Leben neben Covid-19. Die Italiener singen (vielleicht mit Galgenhumor) auf ihren Balkonen, in Madrid gibt es Klatschkonzerte, auch das ist die Welt im Krisenmodus. Hier noch die Bilder aus Braganca, der Stadt in Portugal, die wir vor zwei Tagen fluchtartig Richtung Heimat verlassen haben.

Übernachtungsplatz unterhalb der Burg.
Der Frühling in voller Blüte.

Vorher kommen wir durch Chaves, einer Grenzstadt im Norden des Landes direkt an der Grenze zu Spanien, an der die N2 ihren Anfang nimmt. Den dortigen Kilometerstein mussten wir natürlich aufsuchen, da wir die N2 zu großen Teilen gefahren sind. Viele Motorradclubs haben auf dem Stein ihre Aufkleber angebracht.

Durch Frankreich reisen, ohne ein Baguette verzehrt zu haben, wäre für uns ein kulinarischer Sündenfall. Das Brot kostet immer noch einen Euro, wie vor Jahren schon. Eine Brotpreiserhöhung würde wohl wie einst zu einer ausgewachsenen Revolution führen 🙂

Den Saft von Edeka hatten wir noch in der Kiste und die Dose mit dem chinesischen Tee ist rein zufällig auf dem Bild.

Wir brechen ab…

Heute fahren wir von Braganca in Nordportugal bis unterhalb von Bordeaux. Insgesamt sind es 670km. Wenn wir nochmal soviel fahren würden, wären wir immer noch in Frankreich. Morgen fahren wir weiter, aber vermutlich noch nicht über die Grenze, da wir uns das Chaos am Montag, wenn in Deutschland der Grenzverkehr eingestellt wird lebhaft vorstellen können. In unser gelobtes Land werden sie uns ja rein lassen, so zumindest die Aussage vom „Innenhorst“ heute Abend in den Nachrichten. Eine Nacht werden wir in Frankreich also noch verbringen. In Deutschland wird es wohl dann noch mal eine Übernachtung irgendwo geben. Wir müssen ja nicht hetzen wie die Wahnsinnigen, es reicht, wenn die ganze Welt momentan durchdreht. Unser Wohnmobil ist vergleichbar mit einer Quarantänestation. Gut tanken müssen wir. In Portugal und Spanien geht die Bezahlung nur noch durch die Glasscheibe. An der Kasse werden Handschuhe getragen. Der Grenzübertritt von Portugal nach Spanien und von dort nach Frankreich verläuft problemlos, ohne Kontrollen. Die Fahrt durch Spanien ist schon etwas gespenstisch. Hunderte von Kilometern ist die Autobahn fast komplett leer. Fast keine LKWs sind unterwegs. Wir kommen uns vor wie in einem Mad-Max-Endzeitfilm. Wir sehen nur Autos mit ausländischen Kennzeichen. Briten, Niederländer, Franzosen und Deutsche. Streckenweise fahren nur Wohnmobilkonvois auf der Autostrada. Die Städte und Dörfer an der Strecke wirken wie ausgestorben. Kein Mensch ist auf der Straße. Geisterstimmung im Vorbeifahren. Militärkolonnen fahren in Richtung portugiesischer Grenze. Die Schönheit der Landschaft (Baskenland!) wird nebensächlich und die Werbetafeln für lokale Attraktionen und Restaurants wirken deplatziert, fremd, fast möchten wir sagen vulgär. Wir stehen auf einem öffentlichen Stellplatz 100km vor Bordeaux. Neben uns Briten, Niederländer und Finnen, die ebenfalls auf der Rückreise sind. Seltsam, daß man sich mittlerweile an der Schranke der Mautstation, oder an der Raststätte zulächelt und grüßt. Das haben wir vor der Coronakrise nicht so häufig erlebt. Es fängt zu regnen an. Seit über fünf Wochen die ersten Regentropfen.

Hier noch die aktuellen Fallzahlen der John Hopkins Universität:

Zugriff am 15.3.2020, um 21:50.

Go West…

Wir fahren nach Breisach und übernachten direkt am Rhein. Auf der anderen Seite liegt Frankreich, die französische Schrift des Bootsanlegers ist deutlich zu sehen. In der Nacht fällt die Temperatur im Van auf 3° Celsius. Am Morgen lassen wir für eine halbe Stunde die Gasheizung laufen. Kuschelige Temperaturen sehen irgendwie anders aus. Über Mulhouse und Belfort fahren wir nach Bourg-en-Bresse und verbringen dort unsere zweite Nacht auf einem kostenlosen kommunalen Stellplatz. Die Temperaturen sind ein wenig erträglicher geworden. Und das Angebot an französischen Leckereien ist nicht zu verachten. Das Baguette ist wie immer lecker und günstig. Und die Franzosen sind einfach Genießer. Hase und Huhn werden mit Kopf und Innereien verkauft, denn sie werden auch verzehrt. Die Grenze der Schweinelendchenkultur haben wir glücklicherweise überschritten. Es überwiegen schmackhafte Käsesorten, Rillettes und Pasteten, die mit einer Fettschicht überzogen sind. Und an der Autobahnraststätte findet man Poularden im Kühlregal. Wir stellen fest, daß wir ganz vergessen haben, wie schön Frankreich ist. Auf unseren früheren Reisen durch das Land hatten wir immer diesen Eindruck, er hat sich wieder bestätigt. Die Menschen sind nett, die Gespräche sind gedämpft. Bei den Bewohnern handelt es sich in der Regel um „Leisetreter“ und die Landschaft bezaubert durch ihre Vielfältigkeit. Die Maut ist hier zwar sündhaft teuer (ein Lob auf die Schweizer, die noch am billigsten sind), aber nicht nur die Autobahnen sind dafür in einem besseren Zustand, als die Straßen in Deutschland. Je länger wir reisen, desto fester manifestiert sich bei uns die Überzeugung, daß Deutschland in vielen Dingen mittlerweile abgehängt wurde. Telekommunikation, Straßenverhältnisse, aber auch der Servicegedanke an der Straße und im Land stehen in Deutschland nicht an erster Stelle. Das Land verabschiedet sich so langsam in die zweite Liga. Die Stellplätze für Wohnmobile sind in Frankreich meistens kostenlos und gut ausgestattet. Einen Ablaß für das Brauchwasser findet man ebenso, wie eine Möglichkeit seine Chemietoilette zu entleeren, oder Frischwasser zu tanken. Die Rastplätze sind stilvoll mit Bänken, Tischen und viel Grün angelegt, am Straßenrand geht es hier jedenfalls nicht finnisch zu. Nach einem kurzen Abstecher nach Pierrelatte, der französischen Partnerstadt von Haßfurt,

Jetzt sind wir schon zum dritten Mal hier….

fahren wir nach Chusclan, einem kleinen Ort in unmittelbarer Nähe von Orange und verbringen unsere zweite Nacht in Frankreich.

Chusclan wirkt auf uns ziemlich verschlafen.

Am nächsten Tag kaufen wir noch ein paar Flaschen Rosewein in der örtlichen Kelterei und machen uns auf den Weg nach Espéraza, wo wir unsere dritte Nacht in Frankreich verbringen. Am nächsten Tag geht es über die Pyrenäen nach Spanien.

Auf 1700 Metern Höhe in den Pyrenäen.
So schnell wollten wir eigentlich nicht über die Grenze, doch plötzlich lag sie vor uns.