Daimler, Bunker und Jogginghosen – Albanien

Über einen Zwischenstopp in Bozen, erreichen wir am zweiten Tag unserer Reise Ancona. Von dort aus geht es am nächsten Tag in einer sechzehn stündigen Fahrt mit der Fähre über das Mittelmeer in das albanische Durres. Erinnerungen an Palermo kommen in uns hoch. Die Hinweisschilder zum Anleger sind spärlich und natürlich nur auf italienisch. Die Abwicklung im Fährhafen ist wieder einmal als chaotisch zu bezeichnen. Wir treffen auf einen schweizerdeutsch sprechenden Kosovaren mit ausgeprägten Argauer Dialekt, der uns gesteht, ohne Navigationsgerät hier ziemlich planlos zu sein. Er versichert uns, der Fährhafen in Bari sei um einiges übersichtlicher und strukturierter. Er fährt uns hinterher. Erst zum Supermarkt, dann zum Terminal, das wir unter Zuhilfenahme unseres Navigationsgerätes schließlich finden.

Der Fährhafen von Ancona.
Unsere Fähre nach Durres.
Unsere neue Bekanntschaft, ein schweizerischer Kosovare.
Ancona von der Fähre aus.
Das Lieblingsspiel der Albaner ist Domino.

Der erste Tag in Albanien wirkt auf uns ernüchternd. Es regnet und das orientalische Flair überwältigt uns im ersten Moment. Wir müssen uns erst langsam daran gewöhnen. Die desolaten Nebenstraßen, der allgegenwärtige Müll, die Geschäftigkeit der Menschen auf den Straßen. Nimmt man die albanische Automarkenpräferenz als Maßstab, könnte man meinen in Deutschland zu sein. Daimler, neu und alt überwiegen im Straßenbild. Dazu gesellen sich Modelle der Marken BMW, Audi, und VW. Tankstellen unterschiedlicher einheimischer Marken und Autowaschanlagen sind zahlreich vorhanden. Die Anlagen bestehen entweder aus einfachen klapprigen Carports aus Holz, oder aus Asphaltplätzen mit Ablauf im Boden. Selbst gemalte Schilder am Straßenrand mit der Aufschrift „Auto Lavazah“ weisen den Weg zu den immer gut besuchten Plätzen. An den Straßen stehen Gemüsehändler in ihren provisorisch zusammengeschusterten Ständen und bieten ihre Waren feil. Für einen Bund Knoblauch bezahlen wir weniger als zwei Euro. Neben der Straße grasen Schafe, Ziegen, Pferde, Kühe. Es streunen Hunde umher und manchmal stecken freilaufende Schweine ihren Rüssel in die aufgeweichte Erde. Ein Bauer mit seinem Eselsgespann auf der Hauptverkehrsader, der von einem Range Rover überholt wird, ist keineswegs ein seltener Anblick. Der Menschenschlag erscheint uns auf dem ersten Blick ein wenig „muffig“,aber trotzdem sehr zuvorkommend und freundlich zugleich.

Die Fähre am Koman.
Bitte ohne Ton ansehen. Etwas klappt nicht mit der Konvertierung:-))
Unser Stellplatz und …
…. unser Restaurant unter der Brücke. Man sitzt quasi direkt darunter und schürt am Pfeiler hinten noch ein kleines Feuer.
Einen Bündel leckeren Knoblauch finden wir an jedem Gemüsestand.
Die Valbona.

Luxemburg, Belgien und die deutschen Saubeutel

Seit Tagen versuche ich mich an einem Text über unseren Ausflug nach Luxemburg bzw. Belgien. Es will mir nicht so recht gelingen. Ich möchte berichten über unsere Rast in Entenpfuhl, einem Ort, der historische und biographische Insidenzen in sich vereint. Im Frühjahr 2020, auf unserem Rücksturz aus Portugal in das gelobte „coronasichere Deutschland“ fuhren wir an der A6 an dem Rastplatz Entenpfuhl vorbei. Im August 2021, auf unserem Weg nach Trier, erreichen wir das Forstamt Soonwald Entenpfuhl. Normalerweise kommt hier niemand vorbei, der nicht unbedingt dort hin muß. Aber wir haben unserem Navigationsgerät die Autobahnen ausgetrieben und so müsen wir uns durch die Pampa schlagen. Nicht die schlechteste Option, in der Regel. In dem Ort befindet sich ein Denkmal für den Jäger aus Kurpfalz. Der Kaiser Wilhelm 2nd, der mit dem Schnauzer und den Kriegsambitionen, war hier höchstselbst, um das Denkmal einzuweihen. Wir finden uns sozusagen auf historischem Boden, obwohl der im Moment ziemlich durchnäßt und unbegehbar wirkt. Das Denkmal und seine Umgebung haben ihre besten Zeiten ebenfalls hinter sich. Das Lied „Der Jäger aus Kurpfalz“, ein Lied mit unbekannter Herkunft, war unserem ehemaligen Kanzler Helmut Kohl ein Herzensanliegen. Bei öffentlichen Auftritten ließ er es als Pfälzer gerne spielen, allerdings ohne die Strophen 3-5. Das wäre dann doch zu viel Saubeutelei gewesen, die ursprünglich sexuelle Konnotation des Liedgutes wurde verschwiegen, uns vorenthalten wie die „blühenden Landschaften“. Weiter nach Luxemburg. In Echternach rattern überdimensionierte Entfeuchtungsgeräte, um die Gebäude trocken zu legen. Die Sauer trat über die Ufer, wie an der Ahr. Nur in Deutschland hörte man nichts davon. Luxemburg ist weit weg. Die national-mediale Steuerung funktioniert prächtig. Die erduldete Wasserhöhe durch das Unwetter ist an vielen Sandsteinhäusern sichtbar. Nasser Sandstein zeigt lange seine unfreiwillige Verbindung mit Wasser. Die Kleine Luxemburgische Schweiz, bzw. das Mullerthal überrascht mit urigen Felsformationen und im Vergleich zur Fränkischen Schweiz, mit naturnaher Bewirtschaftung, die in den Wanderbereichen fast schon an forstwirtschaftliches Nichtstun grenzt. In Belgien müssen wir natürlich Pommes frites probieren. In Verbindung mit Moules wird daraus ein Klassiker der belgischen Küche. In Malmedy werden wir fündig und gönnen uns dazu noch das ein und andere Starkbier, ohne Vanille, Brombeer, und sonstige Aromen, für die die belgische Bierbrauerzunft so berühmt ist. Landschaftlich erinnert Luxemburg und die angrenzende Region in Belgien an die Eifel. Die Ardennen sind ja die Fortsetzung dieses Gebirgszuges unter anderem Namen. In Belgien stapfen wir in der Hohen Venn durch ein acht Kilometer langes Moorgebiet auf den klassischen Holzstegen, wie wir sie aus Estland, oder dem „Schwarzen Moor“ in der Rhön bereits kennen. Mit Rastgelegenheiten und Infotafeln am Weg haben sie es in Belgien nicht so, hier wird anscheinend ohne Rast bis zum Ende gelaufen. Auch gut, unsere Schuhe sind danach ziemlich versifft, da wir streckenweise auf durchnässten Moorwegen unterwegs sind. Tröstlicherweise bleiben wir auf unserem Wege nicht allein. Durch den Morast müssen alle zurück und das Ausklopfen und säubern der Schuhe hat so etwas wie eine gemeinschaftsstiftende Funktion.

Kohl war wohl nicht hier…
Unser Übernachtungsplatz in Trier.
In Echternach.
Moorgewächse.
An einer Wetterstation mitten im Moor.
Schlammige Wege…
Miesmuscheln mit Pommes…
… und dazu ein belgisches Bier.
Wo früher Zigarettenschachteln lagen…

Miltenberg, oder der Topos des Südens

Eine Stadt, die uns mitten im August, an den gefühlt wärmsten Tagen des Jahres anspringt wie ein Ort weiter südlich ( ja, anspringt, nicht erscheint, oder vorkommt). Die Lichter der Nacht, die Straßen am Tag. Die Anmutung des Nachtpanoramas samt dazu gehörender Geräuschkulisse des Verkehrs erinnert an Tage am Gardasee. Abends finden an der Flußmauer Partys statt. Ein Ghettoblaster hier, ein Bluetooth-Lautsprecher dort, die ihre Songkonserven aus den 70er, 80er, und 90er Jahren in die Dunkelheit schicken. Selbst tagsüber verschwindet der Eindruck südlichen Flairs nicht. Die Gassen sind belebt. Das „Unkraut“ steht an vielen Plätzen und darf stehen. Es gehört zum Ensemble, macht es vollständig. Schiffe auf dem Wasser. Vom Ausflugsdampfer bis zum Skipper mit seinem Schlauchboot. Alles ist vorhanden (nicht vertreten) und kurvt auf dem Main. An seinem Ufer wird gegrüßt, gebadet und den Ausflüglern des Stroms zugewunken. Dort findet sich ebenfalls die Karikatur eines Deutschen ein, der seinen Enkeln Vorträge über Gott und die Welt hält. Auf allen Gebieten kennt er sich aus, erläutert den Kindern etwa, der Main habe die Form des Buchstabens „W“. Mit beiden Armen in die Hüften gestemmt, doziert er unermüdlich mäandernd wie der Fluß auf dem er fährt. In den Gassen Miltenbergs schwirren Satzfetzen umher: „… denn das sind Spezialisten“. „Die sind vom Fach…“. „Nein, ich möchte nur meine Möglichkeiten abwägen…“. Auf einem Schlag weicht der Ansprung südlicher Lebensart der fränkischen Realität. Die Blase platzt und gibt der Einsicht Raum, daß Gehörschutz manchmal von Vorteil wäre, um die Vorstellung einer idealisierten Umgebung aufrecht zu erhalten.

Die Wanderung, das KZ und die Bürgermeisterin

In Bad Aussee, einem kleinen Städtchen am Rande der Steiermark übernachten wir auf einem Schotterparkplatz, wie so oft. Im Ort befindet sich, der mittlerweile revidierte geografische Mittelpunkt Österreichs in Form eines Mercedessterns, finanziert von der Daimler AG, Stuttgart. Auf Skulpturen und die Geschichte des volksnahen Erzherzogs Johann trifft man an vielen Stellen vor Ort. Er hat nicht nur eine Bürgerliche geheiratet (die Poster Dora von Bad Aussee), sondern war auch ein Anhänger freiheitlicher Ideen. Klaus Maria Brandauer wurde ebenfalls hier geboren. Am nächsten Tag machen wir eine Wanderung um den Altausseer See, genießen die Landschaft auf dem sieben Kilometer langen Rentnerweg und entdecken weitere historische Bezüge, die ins Hohenloher Land reichen. Der See liegt malerisch eingebettet im Toten Gebirge, von der Trisselwand majestätisch flankiert. Mit offenen Augen laufend und begleitet von gut gemachten Informationstafeln am Rande des Weges, schrumpft die Welt zusammen, die Bedrohlichkeit der Fremde wird gebannt. Wir fahren zu einem neu eröffneten privaten Stellplatz in der Nähe des Sees. Dort wollen wir entsorgen und unseren Wasservorrat auffüllen. Ein Herr in Tracht nähert sich unserem Wagen beim Wendemanöver am Platz. Ich lasse die Scheibe herunter und frage ihn welchen Betrag er für diese Dienstleistung möchte. Er antwortet: „Fünf Euro“ und uns kommt es so vor, als hätten wir ihn mit dieser Frage überrumpelt, denn er richtete die Höhe des Betrages selbst unsicher fragend an uns. Auf dem Gelände ertönt Blasmusik. Menschen in vollem Trachtenwichs sitzen auf Bänken, stehen herum, sitzen über Speisen und laben sich an ausgeschenkten Getränken. Es ist ein Fest im Gange und wir sind, so scheint es, mitten in die Einweihungsfeierlichkeiten des Platzes geraten. Wir fahren zur Ablaßstelle und der „Trachtenboss“ spricht mit Karin. Ich bin gerade dabei unsere Toilette zu entleeren, als sich eine hochgestellte Dame mit Sandalen und rot lackierten Fußnägeln zu uns gesellt. Sie grüßt mich freundlich, während ich unsere nur mäßig zersetzten Fäkalien aus der Klokassette neben ihre Füße in das vorgesehene Bodenloch kippe. Der „Trachtenboss“ und die Dame der Politik sehen emotionslos zu und ziehen dann weiter Richtung Blasmusik. Nach dem letzten Spülgang der Kassette drehe ich mich um und sehe in der Ferne deutlich das Tattoo auf ihrer rechten Schulter.

In Ebensee fahren wir ab, weil wir ein Hinweisschild zu einer KZ-Gedenkstätte entdecken. Wir fahren durch ein Siedlungsgebiet, in dem plötzlich ein Torbogen steht. Der ehemalige Eingang zum KZ. Die Siedlung wurde also mitten in das KZ gebaut. Wir finden das sehr befremdlich und parken neben dem Spielplatz, der sich in unmittelbarer Nähe zum Friedhof des Lagers befindet. Als wir aussteigen ruft uns ein Mann, der gerade mit seinem Kind an der Schaukel steht zu: „Na, ihr Haßfurter.“ Er hat unser Kennzeichen gesehen und das Autokennzeichen unseres Landkreises kennt er als gebürtiger Ingolstädter schließlich. Seine Frau grüßt uns ebenfalls sehr freundlich. Wir kommen mit den beiden ins Gespräch. Sie wohnen seit längerem hier und empfehlen uns den Besuch des Friedhofes und des Stollens, für den wir einen Spaziergang durch die Siedlung unternehmen müssen, da er sich am Rande des bebauten Gebietes befindet. Wie sich herausstellt, hat die Frau jüdische Wurzeln. Ihr Großvater (oder war es der Vater) war in Mauthausen interniert, dem Hauptlager von Ebensee. Wir denken lange über diesen Zufall nach, erlauben uns kein Urteil, stellen jedoch fest, daß in Österreich wenigstens Hinweisschilder zu KZ-Nebenlager existieren, anders als in Deutschland. Wir können uns nicht erinnern, z.B. in Bad Fallingbostel eine Hinweistafel gesehen zu haben, die auf ein ehemaliges Internierungslager hinweist. Die deutsche Erinnerungskultur erscheint uns ein wenig selektiv, um es vorsichtig auszudrücken.

Zurück in Deutschland fallen uns die überdimensionierten Hinweisschilder zu Kläranlagen auf. Die haben wir in keinem Bundesland in Österreich gesehen. Warum stehen diese Schilder in Deutschland? Gibt es bei uns etwa einen Kläranlagentourismus? Der Bauhofmitarbeiter und sonstiges Fachpersonal dürften doch auch ohne Schild wissen wie sie zur Kläranlage finden. Seltsam, aber so etwas fällt eben auf, wenn man eine Zeit lang die vertraute Umgebung hinter sich läßt.

Das Fazit zu unserer Reise durch Österreich fällt durchweg positiv aus. Wir haben sehr kommunikative und hilfsbereite Menschen kennengelernt, freundlich mit angenehmen Humor, mit denen auch tiefgründige Gespräche möglich und erwünscht waren. Vor allem lohnt es sich, dieses Land abseits der touristischen Hotspots zu erkunden.

Mit Bauernleben reisen wir nicht nur mit Wein aus dem Kamptal….
Ein neugieriges Pony am Abend.
Im Lesachtal bei Maria Luggau.
Der mittlerweile widerlegte geografische Mittelpunkt Österreichs in Bad Aussee.
Wanderung am Altausseer See.
Davor wird natürlich gefrühstückt.
Friedhof des ehemaligen KZ Ebensee.
Das ehemalige KZ-Nebenlager Redl-Zipf in Neukirchen an der Vöckla.
Die letzte Rast auf österreichischem Boden, kurz vor Braunau am Inn.
Ein Zipfer aus Zipf. Es schließt sich der Kreis….
In Altötting.

Idyllisches Österreich bei Kaprun

Kaprun.

Das idyllisch gelegene Kaprun in der Nähe von Zell am See im Salzburger Land. Bekannt wurde es vor allem durch die Brandkatastrophe der Gletscherbahn im Jahre 2000. Die Aufnahme der Geräuschkulisse entstand am Aufnahmeort des Bildes 🙂

Und Tirol?

Durch Tirol fahren, die Landschaft auf sich wirken lassen, dabei den Verkehr ignorieren und den ganzen Klimbim übersehen. Die Berge sind zu hoch, die Täler zu düster, die Häuser zu groß. Die zahlreichen Pässe zu fahren nervt mit der Zeit. Weg von hier….

Im Land der Blauen – Kärnten

In Ferlach, der südlichsten Stadt Österreichs, stehen wir zwei Tage lang auf einem städtischen Stellplatz. Nach Klagenfurt sind es ca. 20 Kilometer und dort hat Karin einen Termin in einer Zahnarztpraxis, da ihr morgens beim Biß in das Brötchen ein Stück Zahn abgebrochen ist. Die Kosten der Behandlung stellen sich als ausgesprochen moderat heraus, vor allem wenn man bedenkt, daß es sich um eine Privatabrechnung handelt. Nachdem der Zahn versorgt wurde, besuchen wir die Innenstadt von Klagenfurt. Danach fahren wir wieder zurück nach Ferlach ins Rosental, um unsere zweite Nacht dort zu verbringen. Beim örtlichen Bäcker wird unsere Anwesenheit aufmerksam registriert. Dort kennt man mittlerweile unsere Brötchenvorlieben und natürlich weiß die Verkäuferin bereits, daß wir wieder in der Stadt sind. Beruhigend, soll doch das Rosental für seine hohe Kriminalität bekannt sein, wie uns am nächsten Tag versichert wird. Nach einer mehrstündigen Wanderung in der Tscheppaschlucht und einem kurzen Abstecher zum Meerauge im Bodental, erreichen wir abends einen Hof bei Gurk, den wir über Bauernleben gefunden haben.

Wildensteiner Wasserfall unweit der Ortschaft Gallizien.
In der Fußgängerzone von Klagenfurt.
Der Lindwurmbrunnen in Klagenfurt. Das Wahrzeichen der Stadt.
Unser Stellplatz auf dem Hof Lucky Bur.
Der Troadkasten hat schon bessere Zeiten gesehen.
Eine historisch provisorische Behausung für Waldarbeiter und gerne genutzter Platz für Schmuggler.
Am Meerauge im Bodental.
Am Millstätter See in Kärnten.

Vom Burgenland in die Steiermark

Das Burgenland ist das östlichste der Länder Österreichs und gemessen an seiner Einwohnerzahl kleinste. Das Land ist stark von der Landwirtschaft geprägt, viele pendeln nach Wien, oder Graz zur Arbeit. Die Grundstückspreise sind hier noch äußerst niedrig. Erst durch den Vertrag von Trianon wurde das Burgenland im Jahr 1921 in das österreichische Staatsgebiet eingegliedert. Die Landschaft ist von den Ausläufern der Pannonischen Tiefebene geprägt, eher flach. Die Häuser in den Dörfern sind sehr klein und in der Regel einstöckig. Die Häuserzeilen präsentieren sich ohne Bauwich und laufen deswegen unserer architektonischen Gewohnheit zuwider. Die Fassaden leuchten ebenfalls in Farbnuancen, die so mancher spöttisch als „Trabifarben“ bezeichnen würde. Im südlichen Burgenland und der südwestlichen Steiermark finden wir keine hohen Berge und tiefe Täler. Der Blick kann bis zum Horizont schweifen und wird nur von der hügeligen Landschaft in der Ferne begrenzt. In Deutsch Jahrndorf stehen wir alleine auf einer Wiese im Ort. Das Dreiländereck Österreich-Slowakei-Ungarn befindet sich nicht einmal zwei Kilometer von hier und ist über einen Feldweg zu erreichen.

Dreiländereck Österreich-Slowakei-Ungarn bei Deutsch Jahrndorf, von der ungarischen Seite aus betrachtet. Rechts hinten sieht man die Hochhäuser von Bratislava.

Wir parken gerade auf den Hof unserer Gastfamilie in Deutsch Kaltenbrunn, als ein Gewitter mit Hagelschauer einsetzt. Der Hausherr öffnet die Scheune für uns, damit wir mit unserem Herbie den Hagelschauer sicher überstehen. Bereits bei der Fahrt zum Hof suchten wir Schutz unter einem Vordach einer Lagerhalle. Hagelkörner fallen in dieser Gegend oftmals in Form von Tennisbällen vom Himmel. Wir hatten Glück. Wenn selbst die Einheimischen sich mit ihren Autos unter Tankstellendächer stellen, sind wir nicht so vermessen dieses Naturphänomen zu bagatellisieren. Auf dem Hof sehen wir Brillenschafe und Hühner zur Selbstversorgung. Die Familie ist wieder einmal sehr unkompliziert und sympathisch. Am nächsten Tag treffen wir Thomas auf dem Hof. Er wohnt im Ort, ist Deutscher und hat lange im oberfränkischen Raum gelebt. Er lädt uns zu einem Kaffee ein. Sein Haus finden wir, da ein Auto mit Bamberger Kennzeichen in der Einfahrt steht. Er bewohnt einen alten Vierkanthof mit weitläufigem Garten und einem Pool, der fast schon als Schwimmbad durchgehen könnte. Auf seiner Veranda findet unsere erste Erfahrung mit dem Uhudler statt. Nach dieser Begegnung decken wir uns mit dem bürokratisch umstrittenen Rebensaft ein. Ein paar Flaschen Kürbiskernöl kommen natürlich mit dazu.

Ohne Worte.
Ein Blick in die Ferne von Kitzeck im Sausal aus.

Auf zu den Mistkübeln

Wir sind spät dran, deswegen nehmen wir, entgegen der Gewohnheit unserem Reiseverhalten die Benutzung der Autobahnen auszutreiben, den Frankenschnellweg Richtung Nürnberg. Bei Langwasser fahren wir ins landschaftlich unaufgeregte Nürnberger Land, trinken in einem Restaurant an einem Baggersee einen Pott Kaffee und machen uns dann auf in die Oberpfalz. In Neunburg vorm Wald stellen wir uns vor das örtliche Freibad. Hier gibt es eine Entsorgung, Strom und Frischwasser. Nach dem Abendessen laufen wir in den Ort. Es geht über eine Brücke, die über die Schwarzach führt. Nach der Brücke geht es links in den Stadtpark, bestehend aus einem See den man umrunden kann, einem Kiosk mit Bewirtung und einem kleinen Skaterpark. Direkt am Eingang in den Park steht ein Möbelhaus, daneben gibt es eine kleine Passage in die Stadt, die an einer mächtigen mittelalterlichen Wehrmauer endet. Irgendwie kommt uns das bekannt vor. Der rote Stuhl im Schaufenster des Möbelhauses, das seit den 80er Jahren keine wesentliche Veränderung, weder in baulicher Form, noch im feilgebotenem Inventar erkennen läßt. Die schnatternden Enten im Stadtsee, das Kiosk und die Informationstafeln des Pendelgängerlehrpfades rufen in uns ein Gefühl der Vertrautheit hervor und wir täuschen uns nicht. Laut unserem Logbuch waren wir vor fast genau einem Jahr in Neunburg und liefen den gleichen Weg im Park. Um ein Haar hätten wir diesen chronologischen Zusammenhang nicht erkannt. Während unsere Sinne wie Zwerge nach dem Golde schürfen, verhält sich unsere Erinnerung wie eine ihre Spielchen treibende Hure.

Neunburg vorm Wald.

Das Mühlviertel ist unspektakulär, zumindest für uns. Es erinnert landschaftlich an die Oberpfalz, oder an Niederbayern. Außerhalb von Ortschaften gibt es fast keine Parkmöglichkeiten. Jeder noch so kleine Weg führt zu einem Hof oder ist ein Privatweg. Wir entdecken Ähnlichkeiten zu Südnorwegen. Auch in dieser Region dominiert die Landwirtschaft und drückt der touristischen Infrastruktur ihren Stempel auf, der uns das Weite suchen läßt. Wer nicht rasten darf, fühlt sich nicht wohl und er fängt an zu glauben, er soll es auch nicht.

Nach St. Martin am Ybbsfelde verschlägt es uns zufällig. Dort gibt es laut App einen Stellplatz mit Wasserversorgung, Strom, und Entsorgung und das alles kostenlos. Als wir ankommen sind wir die einzigen am Platz. Unsere Vorstellung ging in eine andere Richtung, aber vielleicht sollten wir nicht von unseren Reiseverhalten auf das von anderen schließen. Gegenüber der Kirche und dem Gemeindeamt stehen wir auf einem Parkplatz, der in nächster Nähe zur Caritas, der örtlichen Sportstätte und dem Kindergarten gelegen ist. Eine Sitzgruppe finden wir ebenso vor, wie eine Möglichkeit unseren Müll zu entsorgen. Idyllischer geht es kaum, wenn man in der Lage ist, auf Flußufer und Badesee zu verzichten. Ein 1000-Seelen-Fleckchen tut es auch, vor allem wenn die Geschichte des Ortes Verknüpfungen eröffnet, die wir vorher in ihrer historischen Koinzidenz nicht erahnt hatten. Karl der Große schlägt im Ybbsfelde die Awaren und das Adelsgeschlecht der Babenberger hat ein paar Jahrhunderte später nicht nur in Franken politischen Einfluß. In Österreich stellen sie bis 1246 das Herrschergeschlecht, danach erst betreten die Habsburger die politische Bühne. In St. Martin befindet sich die älteste Oktavglocke der Welt, die wohl auf eine Stiftung der Babenberger um das Jahr 1200 zurück geht.

Die Wachau erinnert uns landschaftlich an die Moselregion. Weinberge auf der einen Seite von den Steillagen bis direkt an die Straße, während auf der anderen Seite die Donau mit schneller Strömung an uns vorbei fließt. Abends stehen wir bei einer Winzerfamilie im Kamptal des Waldviertels, die bei Bauernleben gelistet ist. Auf diesen Höfen darf man kostenlos übernachten, wenn man sich vorher die App, das Buch und die Mitgliedskarte für ca. 30 Euro besorgt hat. Wir bekommen sogar Strom, für den wir sehr dankbar sind, da unser Kühlschrank bei diesen Temperaturen an sein Limit kommt. Die Familie Eisenbock baut übrigens einen trinkbaren Grünen Veltliner aus, den sie auch nach Deutschland verschicken.

Auf dem Weg zum Stift Melk.
Burgruine Gars am Kamp.

P.S. Die Überschrift ist keinesfalls despektierlich gemeint, sondern verweist lediglich darauf, daß Deutsche und Österreichischer die gleiche Sprache sprechen, jedoch Begriffe mit unterschiedlichen Bedeutungen verwenden, die auf eine andere sprachlich-soziale Kultur hinweisen: „In Deutschland stehen weder auf dem Land, noch in den Städten Mistkübel. In Österreich stehen sie nicht nur am Land an öffentlichen Plätzen und Rastanlagen, sondern überall und vor allem zahlreicher als in Deutschland“. :-))

Und immer wieder der Osten…

Straße in Perleberg.
Vor dem Postamt in Perleberg.
Marktplatz Perleberg.
Schloß Ludwigslust.
Kaskaden in Ludwigslust.
Schade, sie waren schon in der Autolyse. Diese Schopf-Tintlinge wären eine leckere Pilzmahlzeit gewesen.
Gesehen im Kloster Malchow.
Lecker Fischbrötchen in Ribnitz-Damgarten.
Maske in Prora.
Am Strand von Prora.
In der Nähe des Königsstuhls auf Rügen.
Beim Herthasee.
Der Holzmichl…
Kormorane in Sassnitz.
Kloster Zarrentin.