In seinem Buch Mein Sizilien beschreibt der Autor Leonardo Sciascia den sizilianischen Charakter als bodenständig, der vor allem vom Land und den Bergen geprägt ist. Gegenüber dem Meer hat der Sizilianer eine gewisse Skepsis, was wohl der sizilianischen Geschichte geschuldet sein dürfte. Die Invasoren und Piraten kamen immer über das Meer. Und es waren ja auch einige hier: Araber, Griechen, Karthager, Römer, Byzantiner, Normannen, Staufer, Spanier, Franzosen. Die sizilianische Kultur ist eine Mischung aus den verschiedensten Einflüssen. Auffällig ist zumindest, daß im Inland die Städte und Dörfer auf den Bergspitzen errichtet wurden. Und dort oben auf 700-1200 Höhenmetern kann es durchaus kalt werden, vor allem im Winter. Für uns Mitteleuropäer fällt das natürlich unter die Kategorie „Jammern auf hohem Niveau“. Den erstens ziehen wir weiter und zweitens fällt das Thermometer Anfang Dezember nachts auf „angenehme“ 8° Celsius. Zu den Städten gehört oftmals ein Küstenstreifen. Der Lido kann aber schon mal 15 Kilometer weit weg sein und über die Serpentinenstraßen dauert es auch entsprechend lange bis man ihn erreicht. Dort sieht es um diese Jahreszeit allerdings ziemlich trostlos aus. Die Bars und Restaurants haben geschlossen und die Hafenmole gehört am Wochenende den jugendlichen Erwachsenen, die mit ihren Autos und Mopeds dort stundenlang auf und ab fahren. Wir mögen das bergige Inland lieber als die Küste, die mit Industrieanlagen auch ziemlich verbaut ist, allerdings sind die Übernachtungsplätze dort bei weitem wärmer. In den Bergen zu nächtigen macht zu dieser Jahreszeit keinen Spaß, weshalb wir abends meistens einen Stellplatz im Tal ansteuern. Aber die Einheimischen sitzen im Moment ja auch völlig eingepackt in ihren ungedämmten Steinhäusern.
Auf Sizilien gibt es Regionen, die von Albanern besiedelt wurden. Piana degli Albanesi wird auch heute noch fast ausschließlich von den albanischsprachigen Arbëresh bewohnt. Die Orts-und Straßenschilder sind zweisprachig. An vielen Häusern prangt ein Relief oder Aufkleber des albanischen zweiköpfigen Adlers auf rotem Grund. In Palazzo Adriano nächtigen wir hinter dem alten Bahnhofsgebäude und werden das erste mal von Carabinieri kontrolliert. Nachdem unsere Papiere für in Ordnung befunden wurden, bekommen wir noch eine gute Nacht und eine angenehme Reise gewünscht. Am nächsten Morgen, als wir gerade abreisen wollen, fahren die beiden Carabinieri an uns vorbei und winken uns zu. Auffällig ist außerdem in diesem Land, daß wir bei Kontrollen am Straßenrand bisher immer durchgewunken wurden. Ein kurzer Blick auf unser Nummernschild und unseren Wagen und schon geht die Kelle nach unten. In Palazzo Adriano wurde Ende der 80er Jahre der oskarpreisgekrönte Film Cinema Paradiso gedreht, der die Piazza des Ortes weltberühmt gemacht hat (Trailer).
Auf Sizilien sind Erdbestattungen selten. Entweder errichten die einzelnen Familien Mausoleen, oder die Toten werden in Gemeinschaftshäusern oder in Mauern bestattet. Die Mausoleen erinnern in ihrer Größe eher an kleine Kapellen. Und nicht selten sind die Fenster mit Glasmalereien versehen. Aus der Ferne betrachtet sehen die Friedhöfe aus wie kleine Dörfer. Der bauliche Zustand der Mausoleen für die Verstorbenen ist besser als der vieler Wohnungen der Lebenden. Diese Friedhofsarchitektur ist allerdings teuer. Viele ärmere Familien können sich deshalb nur kleine Marmortafeln leisten.
In Italien ist Sizilien bekannt für seine Süßspeisen, die sehr gehaltvoll ausfallen können. Auf dem Teller liegt ein handgemachtes Cannolo. Dabei handelt es sich um ein Schmalzgebäckstück das zu einem kleinen Rohr, dem Cannolo geformt wird und mit gesüßtem Ricotta und kandierten Früchten und evtl. Nüssen gefüllt wird. Der frittierte Teig erinnert in seinem Aussehen und Geschmack an unsere ausgezogenen Krapfen. Die Cannoli wurden hier ursprünglich zur Fastnachtszeit gegessen. Heute werden sie das ganze Jahr über angeboten.
PS: Ein wahrer Gaumenschmaus und super lecker.