Ostern, oder saufen für den Endtopf
An Ostern fahren viele in den Süden, wir auch. Wir wollen an den Comer See. Einfach nur relaxen, auf das Wasser schauen und dort ein paar schöne Tage verbringen, so der Plan. Unsere Reisepläne sind bisher nie aufgegangen, auch dieses mal nicht. Unser Reiseverhalten ist nicht für Pläne gemacht, wir entziehen uns der Planbarkeit, nicht bewußt, doch der Keim des Unwägbaren begleitet uns auf all unseren Reisen. Wir lassen ihn zu, denn nur dadurch bekommt unser Reisen einen Sinn. Wir erinnern uns im Nachgang in erster Linie an die Mißgeschicke der Reise, nicht an die geglückten Situationen und die schönen, meinetwegen auch romantischen Momente. Diese Reise ist gespickt mit Unwägbarkeiten, die wir Gott sei Dank gemeistert haben.
Das landschaftliche Panorama bei St. Moritz ist beeindruckend. Der St. Moritzersee ist Mitte April noch von einer dicken Eisschicht bedeckt. Sils Maria ist nicht weit und man kann Nietzsche vieles vorwerfen, aber er hatte in der Wahl seines Sommersitzes definitiv keinen schlechten Geschmack. Auf einer Höhe von über 1800 m ü. M. fühlt sich auch heute noch jeder Zarathustra wohl:
„Hier saß ich, wartend, wartend, – doch auf Nichts,
Jenseits von Gut und Böse, bald des Lichts
Genießend, bald des Schattens, ganz nur Spiel,
Ganz See, ganz Mittag, ganz Zeit ohne Ziel.
Da, plötzlich, Freundin! wurde Eins zu Zwei –
– Und Zarathustra ging an mir vorbei …“Friedrich Nietzsche: Die fröhliche Wissenschaft (1882)
Wir sind am Ursprung des Inns, den wir die ganze Zeit durch unsere Fahrt durch das Engadin gefolgt sind.
Über den Malojapass fahren wir ins italienische Chiavenna. Das letzte Stück geht in Zickzackkurven nach unten, dabei fühlen wir uns an die Fahrt des Trollstigens zurückversetzt, nur daß um diesen Pass nicht so ein großes Bohei gemacht wird. In der Lombardei herrscht noch Maskenpflicht im Supermarkt und selbst auf den Gehsteigen sieht man ältere Menschen mit Masken laufen. Wir wollen zum Comer See und ein paar Tage nur dümmlich auf den See starren. Wie so oft bei Seen und Bergen geht unser Plan auch dieses Mal nicht auf. Wir laufen am See spazieren, genießen das Panorama und gruseln uns vor der Masse an Campern, die wie die Ölsardinen in ihren Wagenburgen aufeinander sitzen. Nach einem obligatorischen Espresso in einem Café abseits der Seemeile suchen wir das Weite. Nur weg von hier, ab in die Pampa.
Wer nach der Pampa ruft bekommt sie auch, manchmal mehr als einen lieb ist. Von Moggio aus führt der Culmine San Pietro-Pass auf einer Strecke von ca. 18 Kilometern nach Vedeseta. Er verbindet das westlich gelegene Tal Valsassina mit dem östlichen Val Taleggio. Auf dem Pass sind viele Motorradfahrer unterwegs. Für LKWs ist die Benutzung untersagt. Ein Verbotsschild für Wohnmobile steht in Moggio nicht, deswegen sehen wir keinen Grund, den Pass nicht zu befahren. Nach kurzer Zeit wird die Straße einspurig und die Ausweichbuchsen sind nur sehr sporadisch vorhanden. Wir hoffen, daß von der anderen Seite kein Camper so irre ist, den Pass zu benutzen, ansonsten hätten wir ein ernsthaftes Problem. Uns kommen fast nur Kleinwagen entgegen. Bei einem Pickup müssen wir schon bis an die Abbruchkante rangieren. Seitliche Absperrungen gibt es nur selten und falls doch, sehen sie nicht sehr vertrauenswürdig aus. Direkt neben der Straße geht es wie an einer Klippe hunderte von Metern steil nach unten. Wir sind froh, als wir Vedeseta erreichen.
In Piazza Brembana stehen wir alleine an einem Platz neben dem Wertstoffhof. Grillstellen sind vorhanden, ein Brunnen plätschert vor sich hin und würde uns kostenlos Wasser bescheren. Die moderne Stromsäule nehmen wir dankend an, denn unser Kühlschrank braucht Strom und um diese Jahreszeit leistet unser Solarpanel nur einen geringen Ertrag. Einheimische laufen vorbei und grüßen, Hunde bellen in der Nähe und im Wohnblock gegenüber werden wir registriert. Der aus dem Fenster rauchende Italiener im weißen Unterhemd hat uns längst erspäht. Dennoch fühlen wir uns an diesem Ort wohler, als an den anonymen und mit Menschen überfüllten Plätzen direkt am See.
An Karfreitag fahren wir nach Mezzoldo, einem kleinen Dorf in der Provinz Bergamo. Bei einer kurzen Rast auf dem kommunalen Stellplatz stellen wir fest, daß der Endtopf unseres Auspuffes auf dem Boden hängt. Nach einer schnellen Inspektion stellt sich heraus, daß das Rohr direkt hinter dem Topf gebrochen ist. Diese Situation hatten wir bereits vor nicht einmal zwei Jahren während unserer Reise durch Deutschland. In Perleberg haben wir uns damals einen neuen Auspuff montieren lassen. Nun ist er nach kurzer Zeit erneut defekt. Genau an der gleichen Stelle gebrochen. Was für eine Qualität wird heutzutage eigentlich angeboten? Wenn wir uns so zurück erinnern, war früher ein Auspuffwechsel nach frühestens fünf Jahren fällig. Da musste man mit den Karren aber schon einiges an Kilometern runter schruppen. Bereits während der Fahrt in der Nähe von Nürnberg hören wir seltsame Geräusche. Erst ein Scheppern, dann ein Pfeifen und Fiepen. Daß die Ursache beim Auspuff zu suchen wäre, schoben wir von uns. So lange haben wir den ja nicht dran. Jedoch bringt ein drücken des Endrohrs mit dem Schuh die Geräusche zum Verschwinden. Wir hätten es also besser wissen müssen. Trotzdem fahren wir weiter und irgendwann verschwinden die Geräusche schließlich. DerTag in Mezzoldo ist für uns beide natürlich gelaufen. Wir sind beide deprimiert, jeder auf seine eigene Art und Weise. Wir gehen früh ins Bett und versuchen diesen Tag aus unserem Bewußtsein zu streichen. Nach einer kurzen Fahrt zum Einkaufen am nächsten Tag wird für uns klar, daß wir nicht ohne Endrohr weiter fahren können. Die Abgase verwirbeln unter dem Fahrzeug, drücken in den Innenraum und erhitzen den Kunststoff unseres Abwassertanks. Doch woher bekommen wir an Ostern in Italien einen neuen Auspuff? Nirgends. Deswegen entscheiden wir uns für die MacGyver-Lösung. Aus unseren leeren Jever-Bierdosen ist mit Hilfe einer Schere und eines Schweizer Messers schnell ein provisorisches Rohr gebaut. Danach umwickeln wir es mit mehreren Lagen Alufolie und befestigen es mit Tesa-Reparaturband am Abgasrohr- bzw. an der Aufhängung am Wagenboden.
Am nächsten Tag entscheiden wir uns, den längeren Rückweg über Bergamo und den Gardasee anzutreten, statt über irgendwelche Alpenpässe den Weg in den Norden zu suchen. Das Konstrukt soll halten und bei der Fahrt auf der Autobahn sind die Chancen dafür definitiv höher. Aus der Übernachtung in Verona wird nichts. Die Stadt ist an Ostern heillos überfüllt. Die von uns angefahrenen Plätze sind alle belegt. Im Etschtal, bei Farrara di Monte Baldo (Brentino) erreichen wir am Abend einen kostenlosen kommunalen Stellplatz, der bis auf die letzte Bucht voll mit Campern ist. Direkt neben der Brennerautobahn A22 liegt er sehr verkehrsgünstig und bietet sich als Zwischenstopp an. Auf dem Platz stehen wir zwei Tage und lassen die Ostersonne auf uns wirken.
In Bozen kaufen wir noch einmal ein. Nudeln, Kapern und Sardellen im Glas. Vor allem Nudeln sind hier günstiger als in Deutschland und so decken wir uns mit diversen Packungen ein. Selbst in Südtirol ist die Fischtheke üppig bestückt: Vongole, Miesmuscheln, Kraken, Doraden und sonstige Köstlichkeiten. Wir genießen den Anblick ein letztes Mal. In Österreich erwarten uns im Supermarkt wie in Deutschland nur geräucherte Makrelen und Fischabfall in Mayonnaise ertränkt. Wer hätte gedacht, daß die Spritpreise in Italien günstiger sind als in Deutschland? Leider ist unser Tank noch gut gefüllt und wir werden erst in Österreich wieder eine Tankstelle ansteuern. Die „Geiz-ist-geil“-Mentalität muß ja nicht völlig unser Handeln bestimmen. Auf dem kommunalen Stellplatz in Benediktbeuern stehen wir die erste und letzte Nacht unserer Reise.
Ciao Italia…
Zwei Monate waren wir in Italien unterwegs. Wenn wir die vergangene Zeit Revue passieren lassen, was bleibt nun zu sagen? Am Anfang hatte ich meine Schwierigkeiten mit Land und Leuten, während Karin sich erstaunlich schnell akklimatisierte. Doch je näher wir dem Mezzogiorno gekommen sind, desto entspannter wurde ich. Ich habe mich damit abgefunden in Italien zu sein. In Norditalien hatte ich mich fremd gefühlt. Die Regionen dort sind auch nicht wirklich ansprechend. Der reiche italienische Norden mit seinen Industriesiedlungen lädt nicht wirklich dazu ein, sich dort länger aufzuhalten. In der Poebene sind wir stundenlang an Industrieanlagen vorbeigefahren. Ja, sicher wichtig für die Volkswirtschaft, aber langweilig für das Auge, den Geist und den Magen. Die Abruzzen waren landschaftlich herausragend und die Erfahrung mit der Autowerkstatt in L’Aquila wird bei uns haften bleiben. Über die Situation der Straßenverhältnisse haben wir uns bereits an anderer Stelle ausgelassen. In Kalabrien waren sie besonders übel, in Sizilien erstaunlich annehmbar – trotz aller Warnungen von anderen Wohnmobilisten. Entweder waren sie nie dort, oder zu einem früheren Zeitpunkt, als die Subventionen der EU noch nicht gegriffen hatten. Die Müllsituation haben wir ebenfalls ausführlich dokumentiert. Auf den Bildern sieht das natürlich ziemlich Pillepalle aus, aber teilweise ist der Dreck schon heftig. Die Italiener mit denen wir in Kontakt kamen, haben wir als sehr freundlich, kommunikativ und hilfsbereit kennengelernt. Das ständige Wäberdiwäberdi kann aber manchmal durchaus nervtötend sein. Desöfteren habe ich mir gewünscht, ich wäre in einer finnischen Bar 🙂 Herausragend an Italien ist das kulinarische Angebot. Die Zitronen und Mandarinen verströmen einen intensiven Geruch, der bei dem Angebot in deutschen Supermärkten nicht vorhanden ist. Die Waren sind frisch und von hoher Qualität. Die Fischtheken der Supermärkte sind eine Augenweide, die „Fahrenden Fisch- und Gemüsehändler“ in den Ortschaften und Städten bringen das Angebot an Meeresfrüchten und Gemüse bis fast vor die Haustür der Leute. Und auch hier gibt es Doraden, Schwertfisch, Kalmare, Vongole, Scampi, eben alles was ein Freund der guten Küche so schätzt. Die Auberginen sind lecker und Fenchel und Broccoli kommen frisch vom Acker. Und vor allem das Brot in Süditalien. Ein richtig gelblich leuchtendes Brot aus Hartweizenmehl. Lecker. Wer nicht aufpasst, dem wird das Brot am Abend irgendwann zum leiblichen Verhängnis. Nach 7000 Kilometern auf italienischen Straßen ist unser Wagen in landestypischem Zustand und muß in Deutschland wieder einmal in die Werkstatt. Sizilien ist eine traumhafte Insel und mit dem Festland nicht zu vergleichen. Wir haben die Reise dorthin nicht bereut. Wir hatten im November und Dezember die Strände für uns alleine. Fast keine Urlauber und Wohnmobile sind zu diesem Zeitpunkt mehr unterwegs. Warum eigentlich? Auf den Kanaren ist es teilweise kälter. 20° Celsius Anfang Dezember können sich sehen lassen. Gerade angenehm genug um nicht zu schwitzen, aber auch nicht zu frieren. Die Insel ist anscheinend immer noch ein Geheimtipp für diejenigen, die dem mitteleuropäischen Herbst bzw. Winter entfliehen möchten. Die abwechslungsreiche Landschaft dort hat uns jedenfalls in ihren Bann gezogen. Leider geht es nun von Genua über den Lago Maggiore und den Bodensee zurück nach Hause.
Am Lago Maggiore lauschen wir beide ( zum Leidwesen weiblicher Mitfahrer:-) ) natürlich den Klängen von Gerhard Müller. Sein Lied zum Lago ist für uns eine musikalische Bereicherung. Danke Gerhard! Unser Navigationsgerät hat als Wegweiser einen Adler, getreu dem Lied „Mein Herz schlägt für Schland“. Wer natürlich tiefer in die musikalischen Welten des Gerhard Müllers eintauchen möchte, dem empfehlen wir unbedingt seine Lieder „Du machst mich happy“ bzw. „Ich wär so gern ein Schlagerstar“. Über den Bodensee gibt es natürlich auch noch ein Lied, aber das findet der Freund deutschen Liedgutes sicher selbst. Wir sind fast wieder zuhause, deswegen dürfen wir auch etwas seltsam hinsichtlich unseres Musikgeschmackes werden. Keine Disco- bzw. „Deppenmusik“ mehr aus dem Radio. Mal was Vernünftiges über die Boxen, und wenn es nur der Gerhard Müller ist!
Von Palermo nach Genua – Shit happens
In einem Vorort von Palermo stellen wir uns zwei Tage auf einen Campingplatz, bevor es auf die Fähre geht, die uns in einer Fahrt von 20 Stunden nach Genua bringt.
Nachmittags fahren wir in den Hafen von Palermo. Es wird an vielen Stellen davon abgeraten, morgens und in den Abendstunden in die Stadt zu fahren, da der Verkehr einfach höllisch sein soll. Wir können sagen, daß er auch zur Mittagszeit schon abartig ist. Aus einer Fahrspur werden drei gemacht, zwischen den Autos zischen links und rechts Roller vorbei und der Strom an Blechkarossen, der sich durch die Stadt schiebt reißt nicht ab. In der Stadt einen Parkplatz zu finden ist illusorisch. Aber wir finden einen bezahlbaren Platz direkt am Hafen, den auch Wohnmobile nutzen können. Praktisch ist außerdem, daß er direkt neben dem Gate für die Fähre liegt. Wir kochen und Karin geht noch mal kurz in die Stadt, während ich mich aufs Ohr haue.
Beim Ausfahren aus der Parkbucht macht es einen lauten Knall und ich sehe noch wie unser Oberlicht vom Bad nach vorne auf den Asphalt donnert. Karin hebt es auf und in dem Moment denke ich sie hält das Teil wie eine Frisbeescheibe. Sie sieht sie an und dreht sie hin und her, als ob sie gleich in hohem Bogen eine Wurf damit planen würde. Wir hatten übersehen, daß wir aus dem überdachten Parkplatz nur nach hinten ausfahren können, denn nach vorne hängen die Träger des Daches schief und auch ein paar Zentimeter zu tief für die Höhe unseres Wagens. Nun klafft ein großes Loch in unserem Dach. Der regenlose Nachthimmel von Palermo ist zwar angenehm warm, doch in Genua und auf der Rückreise wird es sicher regnen. Scheiße. Wir legen das Plastikteil auf das Dach und binden es provisorisch mit einer Schnur und Gummis an einigen schnell angebrachten Powerstriphacken nach unten, den es wird Zeit zum Einchecken für die Fähre.
Die Schranke für die Einfahrt liegt gleich neben dem Parkplatz, jedoch dürfen wir die nicht nehmen. Wir sollen die nächste Einfahrt, die nach Tunesien nehmen sagt uns ein Sicherheitsfuzzi. Also zurück auf die „dreispurige“ Straße. Dort stehen schon Autos, die auf ihren Dachträgern ganze Wohnzimmereinrichtungen verstaut haben. Nur wo ist jetzt die Einfahrt? Wir bleiben einfach auf der Straße stehen und Karin läuft nach vorne und sucht die Einfahrt, die sie hundert Meter weiter vorne durch Nachfragen auch findet, allerdings ohne Beschilderung und das Kontrollhäuschen sieht auch eher aus wie die Schutzhütte des örtlichen Gemüsehändlers. Wir fahren durch und auch hier werden aus einer Einfahrtspur drei gemacht. Die Autos fahren einfach wild an uns vorbei, um uns herum. Ein Kontrolleur möchte unsere digitale Buchungsbestätigung sehen. Sie scheint in Ordnung, er winkt uns durch und sagt wir sollen vorne rechts abbiegen, was wir auch machen, bis sich ein brüllender Sicherheitsmensch vor unser Auto wirft und uns auf die Bretterbude links hinweist. Dort müssten wir unser Papierticket holen. Autos stehen kreuz und quer und da mich die Situation sichtlich nervt, bekomme ich bei heruntergelassener Fensterscheibe einen Schreikrampf, während sich Karin schon auf dem Weg zur Bretterbude befindet. Nebenan steht die Polizei und die finden es irgendwie befremdlich, wenn so ein ausgeglichener Deutscher wie ich es bin, bei so einem Chaos einen Schreianfall bekommt. Der Obercapo, der aussieht wie ein korrupter Polizist aus einem Thriller amerikanischer Machart (Sportmütze und italienische Männerhandtasche) dirigiert seine Leute. Das übliche Polizeiprogramm. Nachdem ich wie immer, der Staatsgewalt äußerst liebenswürdig gegenüber trete, will er sich noch bedanken, indem er uns seinen Drogenhund in das Wohnmobil läßt. Karin ist immer noch an der Bretterbude mit unseren Ausweisen. Der Hundeführerbulle hetzt den Schäferhund durch unseren Wagen und der schnüffelt einfach alles an. Er soll mir unsere Zitronen nicht fressen, raune ich dem Polizeicapo zu, aber der ist so stoisch deutsch, wie ich es jetzt gerne wäre. Stattdessen fange ich das Fuchteln mit den Händen an und spotte fränkisch vor mich hin. Ein dicker Scherge in Uniform steht neben mir und wartet anscheinend nur darauf, daß die Töle irgendeinen Laut von sich gibt, um uns zu überführen und uns dann sofort in Ketten zu legen. Sie finden natürlich nichts. Nur unsere Plastikverkleidung in der Küche hat der Köder durch sein Drogen-Sprengstoff-Irgendwas-Such-Gehopse abgerissen, wie sich allerdings erst am nächsten Tag herausstellen sollte.
Wir dürfen durch, warten vor der Fähre noch geraume Zeit und fahren dann in den Bauch des Schiffes. Dort parken die Autos und Transporter kreuz und quer. Wie wir da wieder heraus kommen sollen ist mir schleierhaft. Aber erst mal sind wir drin. Es stimmt wirklich: Palermo bedeutet schieres Chaos! Zum Glück haben wir für die Überfahrt eine Kabine gebucht. Für den Preis war sie relativ günstig und es ist alles da. Dusche, Toilette, Handtücher, was so ein Zimmer eben angenehm macht, im Vergleich zu den kalten Pullmansitzen auf irgendeinem Zwischendeck. Und man hat die Möglichkeit, ein paar Stunden in Ruhe zu schlafen. Allerdings müssen wir das Zimmer zwei Stunden bevor wir in Genua einlaufen verlassen und uns in den Gängen herumtreiben. Service sieht irgendwie anders aus. Die englischen Durchsagen verstehe ich im Gegensatz zu den italienischen nicht, sie erinnern mich an meine ersten Lehrstunden in Suaheli. Das Personal ist unmotiviert und unfreundlich. Das Essen an Bord ist extrem teuer und jenseits jeder Wertungskategorie. In den als hochpreisig verrufenen skandinavischen Ländern war das Essen auf den Fähren bei weitem günstiger und auch besser.
In Genua suchen wir nachts einen Parkplatz und legen uns schlafen. Italien wie von Anfang an. Geht es dir gut, bekommst du eine in die Fresse. Geht es dir schlecht, lächeln die Menschen dich an und um die Ecke gibt es frische Vongole, leckeres Brot und sonstiges. Was eben ein Bellavista zum glücklichen Leben braucht…
Aus der Camperküche – Minestrone
Die italienische Gemüsesuppe „Minestrone“ ist ein vielseitiges Gericht. Sie zählt zu den ältesten Gerichten der italienischen Küche und je nach Region und eigenem Gusto kommen unterschiedliche Zutaten in den Topf. In den Abruzzen kann die Minestrone z.B. auch Speck, Steckrüben und Schweinskopf enthalten. Für unsere Suppe nehmen wir, was wir gerade zur Hand haben bzw. aus unseren Lebensmittelbeständen verarbeitet werden muß.
Zuerst geben wir gutes Olivenöl in den Topf. Auf alle Fälle müssen bei uns Zwiebel mit in die Suppe. Wir halbieren zwei mittelgroße Zwiebel und schneiden sie in nicht zu dünne Ringe. Eine halbe Paprika in gewürfelter Form findet ebenfalls ihren Weg in den Topf. Eine halbe Zucchino kommt mit dazu und der Broccoli darf auch nicht fehlen. Im Bild links oben erkennt man Abschnitte vom Strunk, die sich sehr gut verwerten lassen. Bei uns dienen sie oftmals als „Ersatz“ für Bambussprossen. Hat man eine Mikroreibe zur Hand, ist der rohe geriebene Strunk über viele Gerichte das sogenannte i-Tüpfelchen. Da die einzelnen Gemüse unterschiedlichen Garzeiten haben, kommen sie nacheinander in den Topf. In diesem Fall der Broccolistrunk mit der längsten Garzeit zuerst. Danach die Paprika, die Broccoliröschen und am Schluß die Zwiebeln, die durchaus noch etwas Biss haben sollten. Eine kleine ganze (!) Chillischote verstärkt die Aromen, ohne die Suppe unangenehm zu schärfen.
Seit wir in den Genuß der traditionellen vietnamesischen Suppe Pho gekommen sind, gibt es für uns für das Würzen von Suppen zwei essentielle Zutaten. Zum Einen eine natürlich gebraute Soja- bzw. Fischsoße, zum Anderen Sternanis. Eine Suppe ohne Sternanis zu würzen ist für uns mittlerweile unvorstellbar. Sternanis halten wir für das Suppengewürz schlechthin, da sieht Nestle mit seinen Glutamatpülverchen ziemlich alt aus. Auf dem Bild liegt nur eine Frucht, die zweite befindet sich bereits im Suppentopf 🙂
Da wir Suppen immer etwas dicker mögen, kommt eine extra Portion Nudeln in den Topf. In diesem Fall Farfalline von Barilla. Der 500g Pack Barilla wird in Italien für um die 70 Cent verkauft. Verglichen mit den 1,49 €, die in Deutschland regulär dafür verlangt werden natürlich günstig. Barilla bekommt man zwar in Italien überall, aber sie zählen bei den Einheimischen zu den Billignudeln. So etwas kauft man nur im Notfall, oder wenn es günstig sein muß. Und sie haben recht. Die unterschiedlichen lokalen Hersteller sind nicht immer teurer, schmecken aber um Welten besser, mit oder ohne Ei. Der charakteristische Geschmack des Hartweizens kommt bei ihnen viel intensiver zur Geltung.
buon appetito
Castellamare del Golfo: Mafianest und Bilderbuchstadt
Castellamare del Golfo liegt im Norden Siziliens am Tyrrhenischen Meer ungefähr 70 Kilometer westlich von Palermo. Die Stadt ist wunderschön am gleichnamigen Golf gelegen. Ein Bummel durch die freundlich wirkende Altstadt ist selbst bei kühlem Regenwetter lohnenswert. Bekanntheit erlangte die Kleinstadt in den 1930er Jahren in Verbindung mit den Auseinandersetzungen innerhalb New Yorker Mafiabanden, bei denen auch ein gewisser Al Capone eine Rolle gespielt haben soll. Zur damaligen Zeit entbrannte ein erbitterter Machtkampf innerhalb der New Yorker Mafia, der zahlreiche Todesopfer forderte. Da einige der Kontrahenten aus der Stadt Castellamare del Golfo stammten, gingen die Auseinandersetzungen als Krieg von Castellamare in die Annalen der Kriminalgeschichte ein.
Aus der Camperküche – Knoblauchgarnelen
Für unsere treue Leserin Moni „Alkoven“
Wenn es um die Begrifflichkeit geht, herrscht bei Garnelen oft heillose Verwirrung. Im Handel begegnen einen Gambas, Prawns, Kingprawns, Black-Tiger-Prawns, Krevetten, Granat, Riesengarnelen und Shrimps. In der Regel sind es länderspezifische Begriffe. So werden die Garnelen z.B. im Spanischen „Gambas“ genannt. Bei den Nordseekrabben handelt es sich um Garnelen, während die italienischen Scampi (Mehrzahl von Scampo), der Kaisergranat zu den Krebsen gerechnet wird. Ein wichtiges Klassifizierungsmerkmal ist vor allem, daß Garnelen im Gegensatz zu Krebsen keine Scheren, sondern Fühler haben. Wie kommt nun die Garnele in die Pfanne? Da gehen die Meinungen auseinander. Einige Köche die sind der Meinung, der Geschmack stecke unter anderem im Kopfbereich der Garnele und die Schale schütze das Fleisch der Garnele vor evtl. zu großer Hitze der Pfanne. Man kann sie natürlich ganz, mit Kopf, Schale und Schwanz anbraten. Wir empfinden allerdings das Zerlegen der Garnelen bei Tisch etwas friemelig und bevorzugen es, die Garnelen vor dem Braten zu schälen und den Darm zu ziehen. Den Schwanz lassen wir dran, da man die Garnelen dann unkompliziert mit der Hand greifen kann. Es gibt anscheinend Menschen die Garnelen mit Messer und Gabel zerlegen. Ein vollkommener Genuß bei Tisch sieht für uns allerdings anders aus, vor allem wenn der Darm dann noch gezogen werden soll.
Knoblauchgarnelen sind vor allem ein Gericht der spanischen Küche. Aber die Zutaten für dieses Gericht sind in Italien ebenfalls alle vorhanden und Garnelen gibt es bei jedem Fischhändler auf Sizilien. Als Grundzutaten für unser Gericht benötigen wir Garnelen, eine Knolle Knoblauch, eine Chillischote, Ingwer, Petersilie, Zitrone und Paprikapulver und natürlich Olivenöl. Zuerst entfernen wir den Kopf, indem wir ihn einfach abdrehen.
Dann schneiden wir mit der Schere die Schale an der Oberseite in Richtung Schwanz auf. Wir entfernen die Schale, aber der Schwanz bleibt dran.
Nun können wir mit einem kleinen Messer den Darm ziehen. Nach der Darmoperation spülen wir die Garnelen mit Wasser ab und tupfen sie mit Küchenpapier trocken.
Als nächstes benötigen wir vom Ingwer ein ca. 3cm langes Stück, schälen ihn und schneiden ihn in dünne Stifte, die wir in Olivenöl anbraten. Wenn sie leicht gebräunt sind schöpfen wir sie ab, stellen sie beiseite und geben die Chillischote und den geschnittenen Knoblauch in die Pfanne. Der wird dort ebenfalls leicht angebraten. Nur sollte man Vorsicht walten lassen, denn er wird relativ schnell braun und sein Geschmack dann bitter. Ist er gar, schöpfen wir ihn ebenfalls ab und geben ihn zu den Ingwerstiften.
Schließlich finden die Garnelen ihren Weg in die Pfanne. Dort werden sie bei moderater Hitze für ca. drei Minuten angebraten. Wichtig ist dabei, daß die Garnelen vorher auf Zimmertemperatur gebracht wurden. Sind sie zu kalt, wird das Fleisch der Garnele durch unseren Bratvorgang nicht zart, sondern hart und schmeckt ungefähr so gummiartig wie frittierte Kalamariringe an der Pommesbude oder beim Durchschnittsgriechen in Deutschland.
Die fertig gebratenen Garnelen und das Öl werden mit dem Knoblauch und dem Ingwer vermengt. Wenn nicht bereits während des Bratens gesalzen wurde, darf jetzt noch Salz dazu. Am Schluß bestreuen wir das Ganze mit Paprikapulver und träufeln etwas Zitronensaft darüber. Wer möchte garniert noch mit frischer Petersilie. Dazu ein leckeres italienisches Hartweizenbrot, mit dem das Öl aufgetunkt wird. Mehr braucht es nicht. Einfach köstlich.
buon appetito
Il rallentamento assoluto
Wenn wir noch mehr entschleunigen stehen wir still. Nach dem Frühstück ein wenig dies, ein wenig das anschauen und sich dann Gedanken über das Abendessen machen, noch bevor wir auf der Suche nach einem Stellplatz sind. Mehr abschalten geht im Moment eigentlich nicht. Das Wetter schlägt manchmal Kapriolen, aber wir haben bisher nur einmal abends die Heizung für eine halbe Stunde laufen lassen. Die Temperaturen der vergangenen Wochen waren angenehm warm und lagen um die 20°C. Die letzten Tage hatten wir hie und da sporadisch Regen, der so schnell geht, wie er kommt. Wenn allerdings ein starker Wind von der Küste weht wird es biestig. Mütze und dicke Jacke sind dann eher angebracht als leichte Hemden. Das was wir von der Insel sehen wollten (oder auch nicht) haben wir gesehen. Im Moment lassen wir uns nur noch treiben, wir müssen nichts mehr. Mit diesem Impetus zu reisen ist äußerst befreiend.
Hier wird unser Olivenöl abgefüllt. Olivenölmühlen gibt es viele auf der Insel. Dort geht man hin, holt sein Öl und bezahlt bei weitem weniger als für die „billige“ Plörre im Laden. Der Kanister hat natürlich nicht so ein schönes Etikett :-)) Wer im Laden ein Olivenöl kauft, daß weniger kostet als 10-14€ pro Liter, hat die Katze im Sack gekauft. Entweder handelt es sich um billiges Lampenöl, oder das organisierte Verbrechen hat seine Hände im Spiel. Ganz abgesehen davon, daß die Erzeuger unter diesem Endpreis von den Großkonzernen ausgebeutet werden. Olivenöl ist das Lebensmittel mit der höchsten Fälschungsrate. Also besser bei Rapsöl bleiben (wer so etwas mag), oder tiefer in die Tasche greifen und ein hochwertiges Öl kaufen. Wer einmal ein solches Olivenöl gekostet hat, wird in Zukunft einen großen Bogen um die Öle machen, die man bei uns im Supermarkt findet. Qualitativ hochwertige Öle schmecken übrigens bitter, vor allem wenn ihr Anteil an grünen Oliven hoch ist (vgl. Link). Da Mitteleuropäer diese Geschmacksnote nicht favorisieren, kommt es oftmals zu Mißverständnissen bei der Olivenölsuche vor Ort. In Italien oder Kroatien bevorzugt man oft die Pressung aus grünen Oliven, die dem Öl seine (gesunden) Bitterstoffe liefert. Der Mitteleuropäer sucht dagegen oft ein neutrales Öl, vielleicht auch deswegen weil er nur den billigen, nach nichts schmeckenden Saft aus industrieller Schimmelware kennt.
Dörfer und Städte in den Wolken
In seinem Buch Mein Sizilien beschreibt der Autor Leonardo Sciascia den sizilianischen Charakter als bodenständig, der vor allem vom Land und den Bergen geprägt ist. Gegenüber dem Meer hat der Sizilianer eine gewisse Skepsis, was wohl der sizilianischen Geschichte geschuldet sein dürfte. Die Invasoren und Piraten kamen immer über das Meer. Und es waren ja auch einige hier: Araber, Griechen, Karthager, Römer, Byzantiner, Normannen, Staufer, Spanier, Franzosen. Die sizilianische Kultur ist eine Mischung aus den verschiedensten Einflüssen. Auffällig ist zumindest, daß im Inland die Städte und Dörfer auf den Bergspitzen errichtet wurden. Und dort oben auf 700-1200 Höhenmetern kann es durchaus kalt werden, vor allem im Winter. Für uns Mitteleuropäer fällt das natürlich unter die Kategorie „Jammern auf hohem Niveau“. Den erstens ziehen wir weiter und zweitens fällt das Thermometer Anfang Dezember nachts auf „angenehme“ 8° Celsius. Zu den Städten gehört oftmals ein Küstenstreifen. Der Lido kann aber schon mal 15 Kilometer weit weg sein und über die Serpentinenstraßen dauert es auch entsprechend lange bis man ihn erreicht. Dort sieht es um diese Jahreszeit allerdings ziemlich trostlos aus. Die Bars und Restaurants haben geschlossen und die Hafenmole gehört am Wochenende den jugendlichen Erwachsenen, die mit ihren Autos und Mopeds dort stundenlang auf und ab fahren. Wir mögen das bergige Inland lieber als die Küste, die mit Industrieanlagen auch ziemlich verbaut ist, allerdings sind die Übernachtungsplätze dort bei weitem wärmer. In den Bergen zu nächtigen macht zu dieser Jahreszeit keinen Spaß, weshalb wir abends meistens einen Stellplatz im Tal ansteuern. Aber die Einheimischen sitzen im Moment ja auch völlig eingepackt in ihren ungedämmten Steinhäusern.
Auf Sizilien gibt es Regionen, die von Albanern besiedelt wurden. Piana degli Albanesi wird auch heute noch fast ausschließlich von den albanischsprachigen Arbëresh bewohnt. Die Orts-und Straßenschilder sind zweisprachig. An vielen Häusern prangt ein Relief oder Aufkleber des albanischen zweiköpfigen Adlers auf rotem Grund. In Palazzo Adriano nächtigen wir hinter dem alten Bahnhofsgebäude und werden das erste mal von Carabinieri kontrolliert. Nachdem unsere Papiere für in Ordnung befunden wurden, bekommen wir noch eine gute Nacht und eine angenehme Reise gewünscht. Am nächsten Morgen, als wir gerade abreisen wollen, fahren die beiden Carabinieri an uns vorbei und winken uns zu. Auffällig ist außerdem in diesem Land, daß wir bei Kontrollen am Straßenrand bisher immer durchgewunken wurden. Ein kurzer Blick auf unser Nummernschild und unseren Wagen und schon geht die Kelle nach unten. In Palazzo Adriano wurde Ende der 80er Jahre der oskarpreisgekrönte Film Cinema Paradiso gedreht, der die Piazza des Ortes weltberühmt gemacht hat (Trailer).
Auf Sizilien sind Erdbestattungen selten. Entweder errichten die einzelnen Familien Mausoleen, oder die Toten werden in Gemeinschaftshäusern oder in Mauern bestattet. Die Mausoleen erinnern in ihrer Größe eher an kleine Kapellen. Und nicht selten sind die Fenster mit Glasmalereien versehen. Aus der Ferne betrachtet sehen die Friedhöfe aus wie kleine Dörfer. Der bauliche Zustand der Mausoleen für die Verstorbenen ist besser als der vieler Wohnungen der Lebenden. Diese Friedhofsarchitektur ist allerdings teuer. Viele ärmere Familien können sich deshalb nur kleine Marmortafeln leisten.
Der Eingang zum Friedhof von Castelbuono. Die Friedhöfe sehen aus wie kleine Dörfer. Die Grablege der Familie Delrosario. In großen Friedhöfen kann man sich vor lauter Mausoleen fast verlaufen.
In Italien ist Sizilien bekannt für seine Süßspeisen, die sehr gehaltvoll ausfallen können. Auf dem Teller liegt ein handgemachtes Cannolo. Dabei handelt es sich um ein Schmalzgebäckstück das zu einem kleinen Rohr, dem Cannolo geformt wird und mit gesüßtem Ricotta und kandierten Früchten und evtl. Nüssen gefüllt wird. Der frittierte Teig erinnert in seinem Aussehen und Geschmack an unsere ausgezogenen Krapfen. Die Cannoli wurden hier ursprünglich zur Fastnachtszeit gegessen. Heute werden sie das ganze Jahr über angeboten.
PS: Ein wahrer Gaumenschmaus und super lecker.
Aus der Camperküche – Vollsäunudeln im Runterranzland
Wir ranzen immer weiter runter. Während unsere Stoßstange seit Kalabrien italienisches Flair verbreitet, werden in letzter Zeit die Klopfgeräusche in der Fahrertür immer lauter. In jeder Kurve macht es „tock“. Irgendetwas ist dort locker und schlägt hin und her. Bei den unzähligen Serpentinen auf der Insel keine leichte Übung das Geräusch zu ignorieren. Unsere Temperaturanzeige funktioniert immer noch nicht und seit einigen Tagen hören wir es beim Rechtseinschlag des Lenkrades knacken und knarzen. Das Türband auf der Beifahrerseite gibt wieder ächzende Töne von sich, während sie auf der Fahrerseite verschwunden sind, allerdings erst nach einem lautem Knall in der Tür, die sich jetzt nur noch ohne Zwischenstopp öffnen läßt. Dieses Land gehört sicherlich zu unseren bisherigen Topfavoriten für die langsame, unfreiwillige Zerlegung eines Autos. Wir stellen uns manchmal diesen Comicstrip vor, in dem alle Teile eines Autos abfallen, die Insassen gemütlich in ihren Sitzen flätschen und der Fahrer sich beharrlich am Lenkrad festhält. Irgendwie in der Art fühlen wir uns manchmal. Wenn wir so um uns schauen, könnte man sagen wir passen uns immer mehr den hiesigen Verhältnissen an. Wir sind eben unterwegs im Runterranzland.
PS: Stephan’s Lieblingswort nicht nur während unserer Fahrten durch das serpentinenreiche Hinterland ist deshalb mittlerweile auch „Oh Mann“!!!
Die beliebteste Nudelsorte auf Sizilien soll die Bucatini sein. Im 12. Jhd. war sie auf der Insel bereits gebräuchlich. Wir wissen ja nicht wie es anderen geht, aber mit dieser Nudelsorte kann man sich beim Verzehr nur vollsäuen. Es sei denn, man macht daraus kürzere Makkaroni. Aber warum nicht gleich zur kürzeren Variante greifen, fragen wir uns. Also Bucatini, die Königin der Nudel, zumindest in der Hinsicht, daß sie ein Anzeiger des zivilisatorischen Grades des Verzehrenden ist. Wer sie an der Tafel in ihrer ungebrochenen Form stilvoll verspeisen kann, braucht vor anderen Pastasorten keine Furcht zu haben. Und zuhause ist diese Nudelform natürlich hervorragend dazu geeignet, eine dünne Bratensoße wie mit einem Trinkhalm vom Teller aufzusaugen, was natürlich wiederum ein Gradmesser für die Zivilisiertheit mancher Tischgenossen sein dürfte. Aber welches Gericht bereitet man nun mit dieser Nudelsorte zu? Anbieten würde sich ein Klassiker wie Bucatini all’amatriciana, oder eine sizilianische Spezialität wie Pasta con le sarde. Natürlich wird diese Pastasorte auch für Aufläufe benutzt. Die Anwendungsmöglichkeiten sind also vielfältig. Vorstellen möchte ich allerdings eine Eigenkreation der Variante Pasta al tonno. Und da das Sugo nicht gerade italienisch daher kommt, fällt bei uns auch die Menge der Soße etwas üppiger aus, denn wir lieben dieses Gericht, vor allem an kühleren Tagen. Am besten schmeckt es uns mit Makkaroni, Gabelletti, oder deutschen Hörnchennudeln. Das Gericht kann man aber auch mit Bucatini zubereiten.
Für die Soße gibt man Olivenöl in den Topf. Dann können auch schon die Chillies mit dazu. Da wir es scharf mögen, finden ca. 7 kleingeschnittene Thaichillies ihren Platz im Topf. Gleichzeitig kommt der Knoblauch dazu und da wir auch den mögen, muß mindestens eine Knolle bei diesem Gericht daran glauben. Ich mag ihn lieber sehr grob geschnitten, Karin mag ihn lieber klein gewürfelt. Das ist aber auch der einzige Punkt ständiger Diskussionen bei diesem Gericht. Der Thunfisch darf auch mit in den Topf. Wir nehmen zwei Thunfischdosen. Nicht die Ölversion, sondern die in Lake, die wir abgießen. Die geleerten Dosen füllen wir mit Wasser und geben es mit in den Topf. Wer möchte gibt noch eine Dose Wasser zusätzlich dazu. Nun köcheln wir den ganzen Mischmasch auf und geben noch einen gestrichenen Eßlöffel Currypulver mit dazu und ca. 12 im Mörser fein zerstoßene Pimentkörner. Gewürzt wird bei uns in der Regel mit ein paar kräftigen Spritzern Fischsoße. Die von Squid ist z.B. sehr gut. Die Soße lassen wir auf kleiner Flamme einköcheln. Die Nudeln wie immer al dente kochen und mit der Soße vermischen.
Guten Appetit.