In einem Vorort von Palermo stellen wir uns zwei Tage auf einen Campingplatz, bevor es auf die Fähre geht, die uns in einer Fahrt von 20 Stunden nach Genua bringt.
Nachmittags fahren wir in den Hafen von Palermo. Es wird an vielen Stellen davon abgeraten, morgens und in den Abendstunden in die Stadt zu fahren, da der Verkehr einfach höllisch sein soll. Wir können sagen, daß er auch zur Mittagszeit schon abartig ist. Aus einer Fahrspur werden drei gemacht, zwischen den Autos zischen links und rechts Roller vorbei und der Strom an Blechkarossen, der sich durch die Stadt schiebt reißt nicht ab. In der Stadt einen Parkplatz zu finden ist illusorisch. Aber wir finden einen bezahlbaren Platz direkt am Hafen, den auch Wohnmobile nutzen können. Praktisch ist außerdem, daß er direkt neben dem Gate für die Fähre liegt. Wir kochen und Karin geht noch mal kurz in die Stadt, während ich mich aufs Ohr haue.
Beim Ausfahren aus der Parkbucht macht es einen lauten Knall und ich sehe noch wie unser Oberlicht vom Bad nach vorne auf den Asphalt donnert. Karin hebt es auf und in dem Moment denke ich sie hält das Teil wie eine Frisbeescheibe. Sie sieht sie an und dreht sie hin und her, als ob sie gleich in hohem Bogen eine Wurf damit planen würde. Wir hatten übersehen, daß wir aus dem überdachten Parkplatz nur nach hinten ausfahren können, denn nach vorne hängen die Träger des Daches schief und auch ein paar Zentimeter zu tief für die Höhe unseres Wagens. Nun klafft ein großes Loch in unserem Dach. Der regenlose Nachthimmel von Palermo ist zwar angenehm warm, doch in Genua und auf der Rückreise wird es sicher regnen. Scheiße. Wir legen das Plastikteil auf das Dach und binden es provisorisch mit einer Schnur und Gummis an einigen schnell angebrachten Powerstriphacken nach unten, den es wird Zeit zum Einchecken für die Fähre.
Die Schranke für die Einfahrt liegt gleich neben dem Parkplatz, jedoch dürfen wir die nicht nehmen. Wir sollen die nächste Einfahrt, die nach Tunesien nehmen sagt uns ein Sicherheitsfuzzi. Also zurück auf die „dreispurige“ Straße. Dort stehen schon Autos, die auf ihren Dachträgern ganze Wohnzimmereinrichtungen verstaut haben. Nur wo ist jetzt die Einfahrt? Wir bleiben einfach auf der Straße stehen und Karin läuft nach vorne und sucht die Einfahrt, die sie hundert Meter weiter vorne durch Nachfragen auch findet, allerdings ohne Beschilderung und das Kontrollhäuschen sieht auch eher aus wie die Schutzhütte des örtlichen Gemüsehändlers. Wir fahren durch und auch hier werden aus einer Einfahrtspur drei gemacht. Die Autos fahren einfach wild an uns vorbei, um uns herum. Ein Kontrolleur möchte unsere digitale Buchungsbestätigung sehen. Sie scheint in Ordnung, er winkt uns durch und sagt wir sollen vorne rechts abbiegen, was wir auch machen, bis sich ein brüllender Sicherheitsmensch vor unser Auto wirft und uns auf die Bretterbude links hinweist. Dort müssten wir unser Papierticket holen. Autos stehen kreuz und quer und da mich die Situation sichtlich nervt, bekomme ich bei heruntergelassener Fensterscheibe einen Schreikrampf, während sich Karin schon auf dem Weg zur Bretterbude befindet. Nebenan steht die Polizei und die finden es irgendwie befremdlich, wenn so ein ausgeglichener Deutscher wie ich es bin, bei so einem Chaos einen Schreianfall bekommt. Der Obercapo, der aussieht wie ein korrupter Polizist aus einem Thriller amerikanischer Machart (Sportmütze und italienische Männerhandtasche) dirigiert seine Leute. Das übliche Polizeiprogramm. Nachdem ich wie immer, der Staatsgewalt äußerst liebenswürdig gegenüber trete, will er sich noch bedanken, indem er uns seinen Drogenhund in das Wohnmobil läßt. Karin ist immer noch an der Bretterbude mit unseren Ausweisen. Der Hundeführerbulle hetzt den Schäferhund durch unseren Wagen und der schnüffelt einfach alles an. Er soll mir unsere Zitronen nicht fressen, raune ich dem Polizeicapo zu, aber der ist so stoisch deutsch, wie ich es jetzt gerne wäre. Stattdessen fange ich das Fuchteln mit den Händen an und spotte fränkisch vor mich hin. Ein dicker Scherge in Uniform steht neben mir und wartet anscheinend nur darauf, daß die Töle irgendeinen Laut von sich gibt, um uns zu überführen und uns dann sofort in Ketten zu legen. Sie finden natürlich nichts. Nur unsere Plastikverkleidung in der Küche hat der Köder durch sein Drogen-Sprengstoff-Irgendwas-Such-Gehopse abgerissen, wie sich allerdings erst am nächsten Tag herausstellen sollte.
Wir dürfen durch, warten vor der Fähre noch geraume Zeit und fahren dann in den Bauch des Schiffes. Dort parken die Autos und Transporter kreuz und quer. Wie wir da wieder heraus kommen sollen ist mir schleierhaft. Aber erst mal sind wir drin. Es stimmt wirklich: Palermo bedeutet schieres Chaos! Zum Glück haben wir für die Überfahrt eine Kabine gebucht. Für den Preis war sie relativ günstig und es ist alles da. Dusche, Toilette, Handtücher, was so ein Zimmer eben angenehm macht, im Vergleich zu den kalten Pullmansitzen auf irgendeinem Zwischendeck. Und man hat die Möglichkeit, ein paar Stunden in Ruhe zu schlafen. Allerdings müssen wir das Zimmer zwei Stunden bevor wir in Genua einlaufen verlassen und uns in den Gängen herumtreiben. Service sieht irgendwie anders aus. Die englischen Durchsagen verstehe ich im Gegensatz zu den italienischen nicht, sie erinnern mich an meine ersten Lehrstunden in Suaheli. Das Personal ist unmotiviert und unfreundlich. Das Essen an Bord ist extrem teuer und jenseits jeder Wertungskategorie. In den als hochpreisig verrufenen skandinavischen Ländern war das Essen auf den Fähren bei weitem günstiger und auch besser.
In Genua suchen wir nachts einen Parkplatz und legen uns schlafen. Italien wie von Anfang an. Geht es dir gut, bekommst du eine in die Fresse. Geht es dir schlecht, lächeln die Menschen dich an und um die Ecke gibt es frische Vongole, leckeres Brot und sonstiges. Was eben ein Bellavista zum glücklichen Leben braucht…