Wenn wir den spanischen Straßenzustand mit dem italienischen vergleichen, sind wir von ersterem angenehm überrascht. In Italien haben wir auf den katastrophalen Straßen unseren Wagen bis an seine Grenzen malträtiert. Die Löcher, Risse und Brüche im Belag zogen sich durch das ganze Land. In Frankreich und Spanien ist die Situation ganz anders. Die Straßen sind in einem erstklassigen Zustand, ohne Übertreibung auch besser als in Deutschland. Hier macht es Spaß mit unserer „Prinzessin auf der Erbse“ das Hinterland von Spanien zu erkunden. Dort gefällt es uns sowieso besser als an der Küste. Die Bergdörfer und kleinen Städtchen sind beschaulicher als der Moloch an der Küste, der verbaut und überlaufen ist. Vor allem reiht sich dort an den freien Stellplätzen ein Wohnmobil an das andere. Sicher, die Temperaturen sind am Meer bei weitem milder als im Inland, denn relativ schnell zieht sich die Landschaft von der Küste auf 800 – 1200 Meter hoch. Doch lieber 5° Celsius am Morgen im Auto, als mit 20 Wohnmobilen um die raren Plätze am Meer zu konkurrieren. Das ist nicht so unser Ding, um es mal lindenbergisch auszudrücken. Wir frieren dann mal ganz cool ein wenig. Die Naturparks in Spanien sind beeindruckender als die Städte. Der Charakter der Landschaft wechselt dort ständig. Die Farben der Böden, die Felsformationen, das Licht und in manchen Gebieten herrscht richtiges Wüstenklima. Es ist dort um diese Jahreszeit schon heiß am Tage, doch das Thermometer fällt bedenklich tief in der Nacht. Der Sternenhimmel erscheint dann leuchtend hell und klar, wüstenartig eben. Die Spanier sind anscheinend keine Nudelesser. Das Angebot im Supermarkt ist sehr überschaubar. Nicht gerade ideal für uns, da sich die Kochzeit von Nudeln im Vergleich zu Kartoffeln und Reis in Grenzen hält. In kulinarischer Hinsicht sind wir beide wohl eher italienisch gepolt. Das italienische Olivenöl ist übrigens auch um Welten besser als das spanische, zumindest ist das unser Eindruck bisher. Die Spanier produzieren ungefähr das Zehnfache der Italiener oder der Griechen und vermutlich leidet bei dieser immensen Menge auch die Qualität darunter. In manchen Regionen fuhren wir über hundert Kilometer nur an Olivenhaine und Weinplantagen vorbei und hindurch. Monokultur der südwestlichen Art sozusagen. Von den Gewächshäusern in Almeria, die sich in der Küstenregion bis an den Horizont erstrecken, wollen wir gar nicht erst reden, aber irgendwo müssen die Tomaten produziert werden, die auch in den Wintermonaten im heimischen Supermarkt angeboten werden. Wir haben den Eindruck, daß die Fischtheken in Spanien noch opulenter bestückt sind als in Italien. Fische, Meeresfrüchte und allerlei Hummer- und krebsartiges wird angeboten. Im Vergleich mit der Fischtheke zu Hause ein Paradies für Fischliebhaber. Hier erwartet und verlangt man nicht nur eine geräucherte Makrele oder einen in Mayonnaise ertränkten Fischhappen. Den Teufelsfraß Pangasius haben wir ebenfalls noch nicht gesichtet. Die Menschen sind in der Regel sehr freundlich, aber die Sprachmelodie des Spanischen ist unsere nicht. Die Aussprache klingt hart, laut und oft haben wir den Eindruck, eine resolute spanische Donna (z.B. eine Schweinehälften pökelnde Dulcinea) schultert gleich eine Schinkenkeule und haut mit einem lispelndem Schrei das Schweinebein irgendjemandem auf den Kopf. Eine Umfrage in Deutschland hat herausgefunden, daß die Deutschen die spanische Sprache als die schönste erachten. Das können wir nicht nachvollziehen. Im Bereich der europäischen Sprachen stehen bei uns italienisch und vor allem französisch auf der Wertungsskala weiter oben. Aber die Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.
Geräusche – Ubeda
In einem Café am zentralen Platz in Ubeda.
Ein Straßenmusikant in Ubeda.
Aus der Camperküche – Chipirones en su tinta
Auf den Flügen von den Kanaren nach Hause waren die Koffer jedes mal mit einer Köstlichkeit gefüllt, die es in Spanien in jedem Supermarkt zu kaufen gibt, aber in Deutschland nur schwer zu bekommen ist, nämlich Unmengen an Dosen mit Calamares en su tinta, sprich Tintenfisch in eigener Tinte. Die wurden dann gehortet und nur zu bestimmten Anlässen gönnte ich mir eine Dose zum Frühstück bzw. als Abendessen.
Spanien ist für mich in dieser Hinsicht ein kulinarisches Paradies. Hier gibt es nicht nur die Dosen, sondern Calamares und Chipirones gibt es an jeder Fischtheke zu kaufen und vor allem die für ein authentisches Rezept unverzichtbare Sepiatinte ist im Kühlregal erhältlich. Was liegt da näher, als Chipirones en su tinta einmal selbst zuzubereiten. Dazu benötigen wir Olivenöl, eine oder zwei Zwiebel, ein paar Zehen Knoblauch, eine grüne Spitzpaprika, Chipirones (in diesem Fall TK-Ware) und natürlich Sepiatinte. Die Zwiebel und den Knoblauch schneiden wir klein, die Paprika in feine Ringe. Im Topf lassen wir das Ganze vor sich hin schmoren und geben dann die Dosentomaten dazu, danach salzen. Wer möchte kippt noch einen Schuß Weißwein hinein. Wir reduzieren die Soße und geben schließlich die Sepiatinte und die Chipirones mit in den Topf. Auf kleiner Flamme köcheln wir die Chipirones in ca. 25 Minuten gar. In vielen Rezepten wird die Soße püriert und anschließend passiert, evtl. mit Brot angedickt. Wir mögen das Gericht auch mit den noch sichtbaren Zutaten, vor allem bedeutet es weniger Arbeit und Abwasch in unserer Campingküche. Ein gutes Weißbrot dazu und fertig ist das Abendessen, oder eine Tapa als Zwischenmahlzeit.
Wie frische Chipirones von der Fischtheke vorbereitet werden, sieht man im Rahmen dieser Rezeptpräsentation (Video).
Auf den Spuren Don Quijotes
Von Oliva aus geht es Richtung Norden nach Yecla. Dort übernachten wir.
Am nächsten Tag brechen wir Richtung Nordwesten auf, nach Kastilien-La Mancha, eine der am dünnsten besiedelten Regionen Spaniens. Die Landschaft liegt auf einem Plateau von ca. 700 Metern. Auffällig ist die variationsreiche Farbenvielfalt der Böden. Von ockergelben Äckern, bis zur tiefroten Scholle findet sich eine faszinierende Bandbreite. Die Landschaft ist relativ flach und bis an den Horizont erstrecken sich Weinreben und Olivenhaine. In La Mancha werden mehr Rebsorten angebaut, als in jeder anderen Region weltweit. In dieser Gegend siedelte Miguel de Cervantes die fiktive Gestalt Don Quichotte an. Hier zog er mit seinem Pferd Rosinante und seinem Knappen Sancho Pansa zu seinen Abenteuern aus, wie den Kampf gegen Windmühlen, oder irgendwelchen Riesenwürsten. Wir besuchen El Toboso, einen der wenigen Orte, die in Cervantes Roman namentlich erwähnt sind. Es ist die Heimat von Dulcinea, der idealisierten Geliebten des „Ritters von der armseligen Gestalt“. Laut Sancho Pansa ist sie allerdings nur ein dummes Bauernmädel mit „Haaren auf den Zähnen“, die den lieben langen Tag nur Schweinefleisch pökelt. Wie dem auch sei, in El Toboso könnte man den Showdown eines Western drehen. Das Kaff wirkt auf uns verschlafen, der Wind weht Äste über die Straße. Hier möchten wir nicht tot über dem Zaun hängen. Wer nicht schon irre ist wie der Ritter (oder waren Sanch Pansa und die Umwelt die Verrückten :-)), der wird es hier irgendwann vielleicht. Wir flanieren durch den Ortskern und suchen relativ schnell das Weite.
In Consuegra, unterhalb der Burgruine und den flankierenden Windmühlen verbringen wir die Nacht.
Wir sind nicht allein. An die zehn Wohnmobile stehen bereits auf dem Parkplatz. Es scheint, als seien einige Reisende auf den Spuren des spanischen Hidalgo.
Campingplatz – waschen, duschen, reparieren
Wir stehen drei Tage auf einem Campingplatz in Oliva bei Walter und seinen Freunden.
Nach einer Woche wird es wieder mal Zeit für eine Dusche und manche Klamotten können auch wieder eine Wäsche vertragen. Wir haben einen exklusiven Platz ergattert und stehen direkt auf den Dünen, allerdings dicht an dicht gedrängt mit anderen Wohnmobilen. Auf Dauer wäre ein Urlaub auf dem Campingplatz nichts für uns. Wir sind keine „Steher“, sondern „Zieher“. Die abgeschottete Campingwelt mit ihren eigenen Regeln ist nicht unser Ding, lieber stehen wir frei irgendwo in der Pampa, oder auf irgendeinem Parkplatz. Sich keine Gedanken über Wasser-, Abwasser- und Stromstand machen zu müssen ist manchmal allerdings ganz angenehm. Der gegrillte Tintenfisch im angeschlossenen Restaurant ist jedenfalls zart und die Marinade sehr lecker.
Die Zeit auf dem Campingplatz nutzen wir wie immer, um diverse Reparaturen durchzuführen. Der vordere rechte Spritzlappen ist locker und hat beim Fahren durch sein Geklapper unsere Nerven strapaziert. Zuerst dachte ich ein Gummidistanzstück hat sich verabschiedet, jedoch ist nur die Klemmschraube locker. Unser Waschbecken ist erneut undicht und das Wasser fließt durch unseren Schrank. Mit selbst verschweißendem Reparaturband abgedichtet, dürfte es einige Zeit lang halten. Außerdem macht der Gaseinsatz des Trangiakochers seit einiger Zeit Probleme. Um an die verstopfte Düse zu gelangen ist Ballistol bzw. Caramba und ein paar Stunden Wartezeit nötig. Ein 8er Maulschlüssel und eine dünne Nadel sind bei der Problembehebung ebenfalls von Vorteil 🙂
Geräusche – Breisach
Morgens am Stellplatz in Breisach.
Im Land der Schleifen
Katalonien – An vielen Balkonen und Fenstern hängt die Landesflagge. Auf dem Asphalt der Straßen prangt die gelbe Schleife. Manchmal vereinzelt, oftmals in Gruppen gesprayt. Am Straßenrand sind Schleifen kilometerlang an Zäunen und Fahrbahnbegrenzungen gebunden. Im ersten Moment könnte man meinen, es handle sich um eine Maßnahme der Straßenwacht, doch durch die Häufung der gebundenen Artefakte kommt man schließlich zu einer anderen Einschätzung, die Presse spricht sogar vom „Krieg der Schleifen“. Hier wird protestiert, sichtbar und unmissverständlich. Die Graffiti, die von Freiheit und Unabhängigkeit träumen unterstreichen das Ganze. Die Landschaft Kataloniens ist abseits der Küste atemberaubend schön. Hügelig bis bergig, mit moderaten Schluchten durchzogen. Die Menschen wirken in ihrer Art auf uns sehr offen.
Da wir schon mal hier sind, statten wir dem Kloster Montserrat einen Besuch ab. Leider haben wir uns einen schlechten Tag, bzw. das falsche Wetter ausgesucht. Wir sehen kaum unsere Hand vor Augen. Mitten in den tief hängenden Wolken kriechen wir langsam auf 700 Meter hoch. Oben angekommen können wir vor lauter Dunst die imposante Anlage nur erahnen. Das Bergmassiv, sowie das Kloster sind für die katalanische Kultur von hoher symbolischer Bedeutung. Die Schutzheilige des Landes, die aus dem 12.Jahrhundert stammende Schwarze Madonna Unserer Lieben Frau von Montserrat befindet sich in der Apsis des Klosters. Im Museum finden sich Werke von Caravaggio, El Greco, Dali, Tiepolo, Picasso, Monet, Degas und einigen anderen Künstlern. Und vor allem wird hier der Llibre Vermell de Montserrat verwahrt. Die Komposition Stella splendens (Video) ist ein Teil davon.
Go West…
Wir fahren nach Breisach und übernachten direkt am Rhein. Auf der anderen Seite liegt Frankreich, die französische Schrift des Bootsanlegers ist deutlich zu sehen. In der Nacht fällt die Temperatur im Van auf 3° Celsius. Am Morgen lassen wir für eine halbe Stunde die Gasheizung laufen. Kuschelige Temperaturen sehen irgendwie anders aus. Über Mulhouse und Belfort fahren wir nach Bourg-en-Bresse und verbringen dort unsere zweite Nacht auf einem kostenlosen kommunalen Stellplatz. Die Temperaturen sind ein wenig erträglicher geworden. Und das Angebot an französischen Leckereien ist nicht zu verachten. Das Baguette ist wie immer lecker und günstig. Und die Franzosen sind einfach Genießer. Hase und Huhn werden mit Kopf und Innereien verkauft, denn sie werden auch verzehrt. Die Grenze der Schweinelendchenkultur haben wir glücklicherweise überschritten. Es überwiegen schmackhafte Käsesorten, Rillettes und Pasteten, die mit einer Fettschicht überzogen sind. Und an der Autobahnraststätte findet man Poularden im Kühlregal. Wir stellen fest, daß wir ganz vergessen haben, wie schön Frankreich ist. Auf unseren früheren Reisen durch das Land hatten wir immer diesen Eindruck, er hat sich wieder bestätigt. Die Menschen sind nett, die Gespräche sind gedämpft. Bei den Bewohnern handelt es sich in der Regel um „Leisetreter“ und die Landschaft bezaubert durch ihre Vielfältigkeit. Die Maut ist hier zwar sündhaft teuer (ein Lob auf die Schweizer, die noch am billigsten sind), aber nicht nur die Autobahnen sind dafür in einem besseren Zustand, als die Straßen in Deutschland. Je länger wir reisen, desto fester manifestiert sich bei uns die Überzeugung, daß Deutschland in vielen Dingen mittlerweile abgehängt wurde. Telekommunikation, Straßenverhältnisse, aber auch der Servicegedanke an der Straße und im Land stehen in Deutschland nicht an erster Stelle. Das Land verabschiedet sich so langsam in die zweite Liga. Die Stellplätze für Wohnmobile sind in Frankreich meistens kostenlos und gut ausgestattet. Einen Ablaß für das Brauchwasser findet man ebenso, wie eine Möglichkeit seine Chemietoilette zu entleeren, oder Frischwasser zu tanken. Die Rastplätze sind stilvoll mit Bänken, Tischen und viel Grün angelegt, am Straßenrand geht es hier jedenfalls nicht finnisch zu. Nach einem kurzen Abstecher nach Pierrelatte, der französischen Partnerstadt von Haßfurt,
fahren wir nach Chusclan, einem kleinen Ort in unmittelbarer Nähe von Orange und verbringen unsere zweite Nacht in Frankreich.
Am nächsten Tag kaufen wir noch ein paar Flaschen Rosewein in der örtlichen Kelterei und machen uns auf den Weg nach Espéraza, wo wir unsere dritte Nacht in Frankreich verbringen. Am nächsten Tag geht es über die Pyrenäen nach Spanien.
Ciao Italia…
Zwei Monate waren wir in Italien unterwegs. Wenn wir die vergangene Zeit Revue passieren lassen, was bleibt nun zu sagen? Am Anfang hatte ich meine Schwierigkeiten mit Land und Leuten, während Karin sich erstaunlich schnell akklimatisierte. Doch je näher wir dem Mezzogiorno gekommen sind, desto entspannter wurde ich. Ich habe mich damit abgefunden in Italien zu sein. In Norditalien hatte ich mich fremd gefühlt. Die Regionen dort sind auch nicht wirklich ansprechend. Der reiche italienische Norden mit seinen Industriesiedlungen lädt nicht wirklich dazu ein, sich dort länger aufzuhalten. In der Poebene sind wir stundenlang an Industrieanlagen vorbeigefahren. Ja, sicher wichtig für die Volkswirtschaft, aber langweilig für das Auge, den Geist und den Magen. Die Abruzzen waren landschaftlich herausragend und die Erfahrung mit der Autowerkstatt in L’Aquila wird bei uns haften bleiben. Über die Situation der Straßenverhältnisse haben wir uns bereits an anderer Stelle ausgelassen. In Kalabrien waren sie besonders übel, in Sizilien erstaunlich annehmbar – trotz aller Warnungen von anderen Wohnmobilisten. Entweder waren sie nie dort, oder zu einem früheren Zeitpunkt, als die Subventionen der EU noch nicht gegriffen hatten. Die Müllsituation haben wir ebenfalls ausführlich dokumentiert. Auf den Bildern sieht das natürlich ziemlich Pillepalle aus, aber teilweise ist der Dreck schon heftig. Die Italiener mit denen wir in Kontakt kamen, haben wir als sehr freundlich, kommunikativ und hilfsbereit kennengelernt. Das ständige Wäberdiwäberdi kann aber manchmal durchaus nervtötend sein. Desöfteren habe ich mir gewünscht, ich wäre in einer finnischen Bar 🙂 Herausragend an Italien ist das kulinarische Angebot. Die Zitronen und Mandarinen verströmen einen intensiven Geruch, der bei dem Angebot in deutschen Supermärkten nicht vorhanden ist. Die Waren sind frisch und von hoher Qualität. Die Fischtheken der Supermärkte sind eine Augenweide, die „Fahrenden Fisch- und Gemüsehändler“ in den Ortschaften und Städten bringen das Angebot an Meeresfrüchten und Gemüse bis fast vor die Haustür der Leute. Und auch hier gibt es Doraden, Schwertfisch, Kalmare, Vongole, Scampi, eben alles was ein Freund der guten Küche so schätzt. Die Auberginen sind lecker und Fenchel und Broccoli kommen frisch vom Acker. Und vor allem das Brot in Süditalien. Ein richtig gelblich leuchtendes Brot aus Hartweizenmehl. Lecker. Wer nicht aufpasst, dem wird das Brot am Abend irgendwann zum leiblichen Verhängnis. Nach 7000 Kilometern auf italienischen Straßen ist unser Wagen in landestypischem Zustand und muß in Deutschland wieder einmal in die Werkstatt. Sizilien ist eine traumhafte Insel und mit dem Festland nicht zu vergleichen. Wir haben die Reise dorthin nicht bereut. Wir hatten im November und Dezember die Strände für uns alleine. Fast keine Urlauber und Wohnmobile sind zu diesem Zeitpunkt mehr unterwegs. Warum eigentlich? Auf den Kanaren ist es teilweise kälter. 20° Celsius Anfang Dezember können sich sehen lassen. Gerade angenehm genug um nicht zu schwitzen, aber auch nicht zu frieren. Die Insel ist anscheinend immer noch ein Geheimtipp für diejenigen, die dem mitteleuropäischen Herbst bzw. Winter entfliehen möchten. Die abwechslungsreiche Landschaft dort hat uns jedenfalls in ihren Bann gezogen. Leider geht es nun von Genua über den Lago Maggiore und den Bodensee zurück nach Hause.
Am Lago Maggiore lauschen wir beide ( zum Leidwesen weiblicher Mitfahrer:-) ) natürlich den Klängen von Gerhard Müller. Sein Lied zum Lago ist für uns eine musikalische Bereicherung. Danke Gerhard! Unser Navigationsgerät hat als Wegweiser einen Adler, getreu dem Lied „Mein Herz schlägt für Schland“. Wer natürlich tiefer in die musikalischen Welten des Gerhard Müllers eintauchen möchte, dem empfehlen wir unbedingt seine Lieder „Du machst mich happy“ bzw. „Ich wär so gern ein Schlagerstar“. Über den Bodensee gibt es natürlich auch noch ein Lied, aber das findet der Freund deutschen Liedgutes sicher selbst. Wir sind fast wieder zuhause, deswegen dürfen wir auch etwas seltsam hinsichtlich unseres Musikgeschmackes werden. Keine Disco- bzw. „Deppenmusik“ mehr aus dem Radio. Mal was Vernünftiges über die Boxen, und wenn es nur der Gerhard Müller ist!
Von Palermo nach Genua – Shit happens
In einem Vorort von Palermo stellen wir uns zwei Tage auf einen Campingplatz, bevor es auf die Fähre geht, die uns in einer Fahrt von 20 Stunden nach Genua bringt.
Nachmittags fahren wir in den Hafen von Palermo. Es wird an vielen Stellen davon abgeraten, morgens und in den Abendstunden in die Stadt zu fahren, da der Verkehr einfach höllisch sein soll. Wir können sagen, daß er auch zur Mittagszeit schon abartig ist. Aus einer Fahrspur werden drei gemacht, zwischen den Autos zischen links und rechts Roller vorbei und der Strom an Blechkarossen, der sich durch die Stadt schiebt reißt nicht ab. In der Stadt einen Parkplatz zu finden ist illusorisch. Aber wir finden einen bezahlbaren Platz direkt am Hafen, den auch Wohnmobile nutzen können. Praktisch ist außerdem, daß er direkt neben dem Gate für die Fähre liegt. Wir kochen und Karin geht noch mal kurz in die Stadt, während ich mich aufs Ohr haue.
Beim Ausfahren aus der Parkbucht macht es einen lauten Knall und ich sehe noch wie unser Oberlicht vom Bad nach vorne auf den Asphalt donnert. Karin hebt es auf und in dem Moment denke ich sie hält das Teil wie eine Frisbeescheibe. Sie sieht sie an und dreht sie hin und her, als ob sie gleich in hohem Bogen eine Wurf damit planen würde. Wir hatten übersehen, daß wir aus dem überdachten Parkplatz nur nach hinten ausfahren können, denn nach vorne hängen die Träger des Daches schief und auch ein paar Zentimeter zu tief für die Höhe unseres Wagens. Nun klafft ein großes Loch in unserem Dach. Der regenlose Nachthimmel von Palermo ist zwar angenehm warm, doch in Genua und auf der Rückreise wird es sicher regnen. Scheiße. Wir legen das Plastikteil auf das Dach und binden es provisorisch mit einer Schnur und Gummis an einigen schnell angebrachten Powerstriphacken nach unten, den es wird Zeit zum Einchecken für die Fähre.
Die Schranke für die Einfahrt liegt gleich neben dem Parkplatz, jedoch dürfen wir die nicht nehmen. Wir sollen die nächste Einfahrt, die nach Tunesien nehmen sagt uns ein Sicherheitsfuzzi. Also zurück auf die „dreispurige“ Straße. Dort stehen schon Autos, die auf ihren Dachträgern ganze Wohnzimmereinrichtungen verstaut haben. Nur wo ist jetzt die Einfahrt? Wir bleiben einfach auf der Straße stehen und Karin läuft nach vorne und sucht die Einfahrt, die sie hundert Meter weiter vorne durch Nachfragen auch findet, allerdings ohne Beschilderung und das Kontrollhäuschen sieht auch eher aus wie die Schutzhütte des örtlichen Gemüsehändlers. Wir fahren durch und auch hier werden aus einer Einfahrtspur drei gemacht. Die Autos fahren einfach wild an uns vorbei, um uns herum. Ein Kontrolleur möchte unsere digitale Buchungsbestätigung sehen. Sie scheint in Ordnung, er winkt uns durch und sagt wir sollen vorne rechts abbiegen, was wir auch machen, bis sich ein brüllender Sicherheitsmensch vor unser Auto wirft und uns auf die Bretterbude links hinweist. Dort müssten wir unser Papierticket holen. Autos stehen kreuz und quer und da mich die Situation sichtlich nervt, bekomme ich bei heruntergelassener Fensterscheibe einen Schreikrampf, während sich Karin schon auf dem Weg zur Bretterbude befindet. Nebenan steht die Polizei und die finden es irgendwie befremdlich, wenn so ein ausgeglichener Deutscher wie ich es bin, bei so einem Chaos einen Schreianfall bekommt. Der Obercapo, der aussieht wie ein korrupter Polizist aus einem Thriller amerikanischer Machart (Sportmütze und italienische Männerhandtasche) dirigiert seine Leute. Das übliche Polizeiprogramm. Nachdem ich wie immer, der Staatsgewalt äußerst liebenswürdig gegenüber trete, will er sich noch bedanken, indem er uns seinen Drogenhund in das Wohnmobil läßt. Karin ist immer noch an der Bretterbude mit unseren Ausweisen. Der Hundeführerbulle hetzt den Schäferhund durch unseren Wagen und der schnüffelt einfach alles an. Er soll mir unsere Zitronen nicht fressen, raune ich dem Polizeicapo zu, aber der ist so stoisch deutsch, wie ich es jetzt gerne wäre. Stattdessen fange ich das Fuchteln mit den Händen an und spotte fränkisch vor mich hin. Ein dicker Scherge in Uniform steht neben mir und wartet anscheinend nur darauf, daß die Töle irgendeinen Laut von sich gibt, um uns zu überführen und uns dann sofort in Ketten zu legen. Sie finden natürlich nichts. Nur unsere Plastikverkleidung in der Küche hat der Köder durch sein Drogen-Sprengstoff-Irgendwas-Such-Gehopse abgerissen, wie sich allerdings erst am nächsten Tag herausstellen sollte.
Wir dürfen durch, warten vor der Fähre noch geraume Zeit und fahren dann in den Bauch des Schiffes. Dort parken die Autos und Transporter kreuz und quer. Wie wir da wieder heraus kommen sollen ist mir schleierhaft. Aber erst mal sind wir drin. Es stimmt wirklich: Palermo bedeutet schieres Chaos! Zum Glück haben wir für die Überfahrt eine Kabine gebucht. Für den Preis war sie relativ günstig und es ist alles da. Dusche, Toilette, Handtücher, was so ein Zimmer eben angenehm macht, im Vergleich zu den kalten Pullmansitzen auf irgendeinem Zwischendeck. Und man hat die Möglichkeit, ein paar Stunden in Ruhe zu schlafen. Allerdings müssen wir das Zimmer zwei Stunden bevor wir in Genua einlaufen verlassen und uns in den Gängen herumtreiben. Service sieht irgendwie anders aus. Die englischen Durchsagen verstehe ich im Gegensatz zu den italienischen nicht, sie erinnern mich an meine ersten Lehrstunden in Suaheli. Das Personal ist unmotiviert und unfreundlich. Das Essen an Bord ist extrem teuer und jenseits jeder Wertungskategorie. In den als hochpreisig verrufenen skandinavischen Ländern war das Essen auf den Fähren bei weitem günstiger und auch besser.
In Genua suchen wir nachts einen Parkplatz und legen uns schlafen. Italien wie von Anfang an. Geht es dir gut, bekommst du eine in die Fresse. Geht es dir schlecht, lächeln die Menschen dich an und um die Ecke gibt es frische Vongole, leckeres Brot und sonstiges. Was eben ein Bellavista zum glücklichen Leben braucht…