Mirakel, Wünsche und Wunder…

Wir haben bisher nichts über unsere Reise an den Yesa-Staussee, noch zum Kloster San Juan de la Pena geschrieben. Karin meint scherzhaft, daß wäre ja „Sünde“ und lenkt mit dieser Begrifflichkeit unsere Gedanken schlagartig Richtung Lourdes. In der, nicht einmal unattraktiv gelegenen Stadt finden wir sofort einen Parkplatz. Auf dem Weg zur Grotte säumt der Kitsch die Straßen. An die 200 Devotionalienläden soll es hier geben. Von der Plastikmadonna bis zum Armband aus Olivenholz kroatischer Produktion bekommt man den ganzen Krempel, den Gläubige aus aller Welt an einem Wallfahrtsort erwarten. Die Straßencafes und Restaurants sind gut besucht. Beim Vorbeilaufen werfen wir einen Blick auf die Teller der Gäste und entdecken Internationale Einfaltslosigkeit. Die Calamari mit Pommes sehen in Lourdes genauso gummiartig-fettig aus, wie an der Bude im Haßfurter Industriegebiet. Der internationale Glaube und die kulinarische Geschmacklosigkeit gehen Hand in Hand. Der große zentrale Platz in der Nähe des Heiligtums ist fast komplett leer. Nur vereinzelt laufen Menschen. Ab und an kommen Gruppen vorbei, die für uns mit ihren Halstüchern und ihrer uniformen Kleidung wie Pfadfinder aussehen. Dazwischen Frauen in weißen Gewändern. Man könnte meinen, hauswirtschaftliche Fachkräfte wären unterwegs zu ihrem Arbeitsplatz in irgendeiner Großkantine in der Nähe. In der Grotte selbst, freut sich Cov-19 über seine leichte Verbreitung. Die Hände, die dort an einem Tag die Wände berühren, werden wir in unserem restlichen Leben nicht mehr schütteln. Seltsames Volk, das mit Maske vor die Grotte läuft und anschließend die Bazillen aus aller Welt von der Wand kratzt, um sie auf Haar und Mund zu verteilen. Wir lassen nebenan das „heilige Wasser“ in unsere Flasche laufen und machen uns auf den Weg zurück zum Van.

In den Gassen von Lumbier.
Im Foz de Lumbier.
Fundstücke am Weg. Eine Scheibe Chorizo.
Auf dem Weg zu einem der bedeutensten Klöster in der spanischen Geschichte.
Brücke in Lestelle-Betharram.
Auf dem Weg zur Grotte in Lourdes.

Im Moment ist der Automat mit den Franziskusmünzen defekt. Eine „Bernadette“ könnten wir noch kaufen.

Süßkram wie in einem schwedischen Supermarkt.
Bestuhlung an der Grotte. Rechts der Gave de Pau.
Plastikkrippen, die nationale Klischees bedienen. Josef und Maria im Trachtengewand vor dem Brandenburger Tor. Links der Berliner Bär und rechts ein überdimensioniertes Bierfaß.

Aus der Camperküche – Gambas und Spargel mit Kapernvinaigrette

Wer in Spanien an der Fischtheke nicht zuschlägt ist selber schuld. Wir sehen Kalamare, Tintenfische, Doraden, Meeresschnecken, Muscheln und Langusten. Das Angebot, selbst im kleinsten Supermarkt, oder der örtlichen Pescaderia ist für uns Deutsche schon als überborden zu bezeichnen. Uns wird nicht eine geräucherte Makrele, oder ein in Mayonnaise doppelt getorbener Fisch schmackhaft gemacht. Wir haben die Qual der Wahl. Für unser Rezept nehmen wir eine ausreichende Menge Gambas. Zur Klassifizierung haben wir uns bereits bei unserem Knoblauchgarnelenrezept geäußert. Die Gambas werden in der Pfanne mit Olivenöl ca. drei Minuten angebraten und gesalzen. Mit einer Prise Piment d‘ Espelette sorgen wir für eine leicht scharfe Note. Unseren gewaschenen Salat schleudern wir in einem sauberen Küchentuch trocken, dann darf er in einer Vinaigrette aus 2 EL Kürbiskernöl, 2 EL Himbeeressig, 1 TL Senf, eine Prise Salz und Zucker und getrocknetem Estragon baden. Mit geriebenem Pecorino, bzw. in diesem Fall mit Schafskäse vom baskischen Biohof wird der Geschmack des Salates abgerundet. Wir kochen den Spargel. Er darf ruhig noch Biß haben. Dazu reichen wir eine Vinaigrette aus Öl, Zitrone und klein geschnittenen Kapern. Ein paar Knoblauchzehen, die mit den Gambas in der Pfanne weich gebraten werden, richten wir ebenfalls mit an. Wer wissen möchte, wie man die ungeschälten Gambas stilvoll bei Tisch zerlegt, sollte sich dieses Video ansehen.

Ab in die Pampa…

Nach einem kurzen Abstecher ins kantabrische Hinterland sind wir wieder zurück in Euskadie (Baskenland). Auch die autonome Gemeinschaft Kastlien und Leon ist nicht weit und so fahren wir am Tag mehrmals durch verschiedene Provinzen. Wir befinden uns eben im Grenzland. Die offene, hügelige Landschaft des Baskenlandes gefällt uns sehr gut und anders als vermutet ist die Vegetation in großen Teilen sehr grün, da mitunter durch das maritime Klima, ausgiebige Regenschauer keine Seltenheit sind. Im Vergleich zu Navarra im Süden, wo im Moment Waldbrände ausgebrochen sind, sehen die Wiesen saftig und feucht aus. Die Menschen sind freundlich und mit einem kaixo (Hallo, sprich „keischo“) und einem agur (Tschüss, sprich „a-hur“) zaubern wir den Einheimischen ein Lächeln ins Gesicht. Der Küstenstreifen des Baskenlandes ist relativ dicht besiedelt und verbaut. Die eine Stadt reiht sich an die nächste, während das Hinterland mit seiner landwirtschaftlichen Prägung ruhig und beschaulich auf uns wirkt. Vierspurige Ausfallstraßen, wie etwa um den Moloch Bilbao, sind nicht gerade das was wir suchen. Die Fassade des Guggenheim-Museums kennen wir aus dem Fernsehen, dem Internet und diversen Architekturbänden, das muß genügen. Einen Besuch haben wir erst gar nicht in Erwägung gezogen, am Louvre haben wir vor Jahren schließlich auch sehr schnell das Weite gesucht. Und Donostia, das romantisch gelegene San Sebastian werden wir doch wohl anschauen? Drauf geschissen, auf Inszenierungen stehen wir nicht. Wir haben die Ahnung, daß es so „romantisch“ werden würde wie eine Fahrt mit angehängten Bummel durch Monaco und diese Vorstellung lässt uns keine andere Wahl, als zu fliehen, nicht nur von den „must see“-Städten, auch von den Stränden. Falls es eine Konstante in unserem Reiseverhalten gibt, dann die, daß wir die Pampa suchen und die Städte meiden. Wer reist nimmt sich mit, sein Verhalten, seine Vorlieben, seine Sicht der Dinge. Urbane Zentren haben wir auf unseren Reisen mit dem Van nicht im Fokus. Wir möchten auch keine App auf unser Smartphone laden, um einen Zugang zu beschrankten Parkplätzen zu bekommen. Die Angabe der Kreditkartennummer ist dafür ebenfalls zwingende Voraussetzung. Alles wie gehabt. Wir sind wieder einmal an der Küste, unsere Nerven liegen blank, weswegen wir uns nach einem kurzen Blick auf das Meer von der Küste verabschieden und uns ins Hinterland schlagen. Dort sitzen wir abends in einer Dorfkneipe beim Bier und lassen die fremdartigen Klänge der baskischen Sprache auf uns wirken, die uns von den Einheimischen kostenlos dargeboten werden.

In Ona vor dem Kloster San Salvator.
Eine kleine Wanderung bei Ona.
Unser High-Tech-Stellplatz in Santillana del Mar.
Eine baskische Bar in Lanestosa.

Baskisches Blut

Das Baskische Blut hat eine politische, eine kulturelle und eine kulinarische Dimension. Die politische ist schnell umrissen und steht im Zusammenhang mit dem Terror durch die ETA und die Unabhängigkeitsbestrebungen vieler Basken, die sich vom spanisch empfundenen Joch befreien wollen. Die kulturelle Dimension findet ihren Niederschlag darin, daß Baskisch eine isolierte Sprache ist. Sie ist weder indogermanischen Ursprungs, noch mit einer anderen Sprache verwandt. In der baskischen Gesellschaft findet man außerdem häufig die Blutgruppe 0, Rhesusfaktor „negativ“, die im restlichen Europa relativ selten ist. Die kulinarische Dimension lernen wir auf einem landwirtschaftlichen Hof kennen. Dort werden Schafe und Schweine in ökologischer Landwirtschaft zusammen gehalten. Das Endergebnis kann sich schmecken lassen. Die Boudin noir ist sehr schmackhaft und der Speck, der in seiner Machart an einen italienischen Guanciale erinnert, zergeht nach einer leichten Temperierung und hauchdünn aufgeschnitten auf der Zunge wie Kaviar.

Die Boudin noir und, der Speck sind sehr köstlich.
Unser Schlafplatz auf dem Puerto de Ibaneta.
Die Pilgerkapelle San Salvator auf dem Pass Puerto de Ibaneta.
Fundstück in Roncesvalles.
Ausgestorben wirkende Gassen am Mittag.
Imposante Burg im navarrischen Artajona.
Müll auf baskisch.
Der „Kraftort“ Santa Maria de Eunate.
Kein historischer Steinkreis, sondern ein Mahnmal für die Opfer von 1936/37 durch die Franco-Diktatur. 19 Stelen stehen für die jeweiligen Ortschaften, in denen 92 Hingerichtete zu beklagen sind.
Schwitzend im Dolmen.

Von Lit-et-Mixe an den Rand des Limbus

Wir fahren durch die Mitte Frankreichs, von Ost nach West. Kühe begleiten uns seit Tagen. Erst dominieren weiße Rassen, bis sie je weiter westlich wir kommen, von braunen abgelöst werden. Auf unserer gewählten Route haben wir den Eindruck, dieses Land besteht nur aus Rindern und Landwirtschaft. Frankreich ist ein weites Land und da wir aufgrund der Preise auf Autobahnen verzichten, kommen wir nur langsam voran. Doch wir haben Zeit. Die National- und Provinzstraßen sind für eine Annäherung an das Land sicher hilfreicher, als das stupide „Strecke machen“ auf den Autobahnen. Auffällig sind die vielen Alleen, die nicht nur an den Straßen stehen, sondern sogar auf den Äckern der Bauern zu sehen sind. Der französische Landwirt ackert einfach zwischen den Bäumen hindurch, statt sie heraus zu reißen. Um die Äcker steht das „Unkraut“ in Form von Farnen, Hecken und allerlei Gestrüpp. Was für ein Kontrast zu den Äckern bei uns vor der Haustür mit ihrer antiseptischen Anmutung. Die Baguettes sind köstlich, doch muß man zum Bäcker im Ort mit der schmuddeligen Fassade. Die Supermarktvariationen bzw. die Boulangerien, die im modernen Architektureinheitsbrei ihr Backwerk anbieten, bewegen sich auf ähnlichem Niveau wie bei uns zuhause. Escargots, Pasteten, Terrinen und Rillettes gibt es hier nicht nur reichlich, sondern auch in guter Qualität. All diese Dinge vermissen wir in deutschen Supermärkten. Dort findet man Genuß immer seltener. Stattdessen herrscht bei uns das Credo des „Light“ mit seinen Camemberts, Limburgern und Harzer Rollern die nicht mehr stinken und fließen. Der französische Weichkäse duftet nun schon seit zwei Tagen in unserem Kühlschrank, hat bereits eine leicht braune Rinde und wird im Geschmack immer besser. Frankreich hat uns wieder.

Pfingstfest in Fessenheim.
In Moulins. Kühe begleiten uns seit Tagen in Frankreich.
An unserem Stellplatz in Belin-Béliet.
Auf dem Weg zur Dune du Pilat.
Reste von Bunkern, die 1944 von deutschen Marineeinheiten genutzt wurden.
Viele Bunker sind abgerutscht bzw. befinden sich mittlerweile vollständig unter Wasser.
Wir besuchen ein gutes Lokal in LIt-et-MIxe.

Für unsere Reise durch Norwegen und Finnland hatten wir die entsprechenden Ausgaben der „Gebrauchsanweisungen“ aus dem Piper Verlag dabei. Dabei handelt es sich um sehr brauchbare kleine Reiseführer, die den Leser auf kurzweilige Art in die Eigenheiten des jeweiligen Landes bzw. der Region einführen. Den Band Gebrauchsanweisung für Bordeaux und die Atlantikküste von Alexander Oetker empfehlen wir dagegen nur, wenn sich der Leser insbesondere für die Kulinarik des Landstriches interessiert. Uns fehlt in diesem Buch ein wenig der geschichtliche Hintergrund bzw. die augenzwinkernde Distanz zum Thema. Wir folgen einem Vorschlag des Autors und fahren nach Lit-et-Mixe. Dort soll es im Restaurant LÈstonquet regionale Küche vom Feinsten geben. Die Bedienungen tragen Alltagskleidung, das Klientel besteht auf dem ersten Blick aus Gästen des Umlandes. Auf der Tageskarte steht sie ganz oben, die Foie gras. Sie auf der Speisekarte eines deutschen Restaurants zu finden ist nicht so einfach. Die Herstellung ist dort verboten, der Verkauf jedoch erlaubt. Im Südwesten Frankreichs ist sie so gängig, wie der Weiße Pressack für den Franken. Vom Feinkostgeschäft bis zum Supermarkt, sie ist in dieser Region einfach allgegenwärtig. Mag sein, daß es sich bei der Stopfleber um einen besonderen Genuß handelt (sie zergeht auf der Zunge), die den Franzosen eine Einordnung als „gastronomisches Kulturerbe“ wert ist. Sicher, wer Tiere verspeist, muß mit deren Mast leben, jedoch sind die letzten zwei Wochen für die Tiere die reinste Hölle. Sie werden „genudelt“, bis die Leber des Tieres so verfettet ist, daß das Tier durch die Schlachtung nur noch erlöst werden kann.

Lachsforelle auf Mandeln mit Beurre blanc.
Foie gras mit köstlicher Soße.

In der Nähe von Lit-et-Mixe befindet sich der Strand Cap de L’Homy, der vor allem bei Surfern beliebt ist. Natürlich gibt es hier auch einen Campingplatz, auf dem man unter Pinien in der Nähe des Strandes steht. An der Rezeption findet bereits um diese Jahreszeit eine Massenabfertigung an zwei Schaltern gleichzeitig statt. Nach einer kurzen Diskussion machen wir kehrt und verlassen diesen Ort fluchtartig. Unter Pinien zu stehen halten wir nicht für den Inbegriff von Romantik und die „Lifstylecamper“ mit ihren Yogamatten und Selbsterkenntnisgesichtern gehen uns mittlerweile auf den Sack. Strände, Seen und Flüße, die heilige Dreifaltigkeit unseres Fluchtreflexes. In diesem Limbus (Vorhölle) wollen wir nicht verweilen. Wir stürzen zurück ins Zentrum. Einige Kilometer landeinwärts stehen wir auf einem ruhigen kommunalen Stellplatz. Mitten unter Franzosen, die ganz gemächlich ihr Boule-Spiel zelebrieren. Hier fühlen wir uns wohler.

Ostern, oder saufen für den Endtopf

An Ostern fahren viele in den Süden, wir auch. Wir wollen an den Comer See. Einfach nur relaxen, auf das Wasser schauen und dort ein paar schöne Tage verbringen, so der Plan. Unsere Reisepläne sind bisher nie aufgegangen, auch dieses mal nicht. Unser Reiseverhalten ist nicht für Pläne gemacht, wir entziehen uns der Planbarkeit, nicht bewußt, doch der Keim des Unwägbaren begleitet uns auf all unseren Reisen. Wir lassen ihn zu, denn nur dadurch bekommt unser Reisen einen Sinn. Wir erinnern uns im Nachgang in erster Linie an die Mißgeschicke der Reise, nicht an die geglückten Situationen und die schönen, meinetwegen auch romantischen Momente. Diese Reise ist gespickt mit Unwägbarkeiten, die wir Gott sei Dank gemeistert haben.

Das landschaftliche Panorama bei St. Moritz ist beeindruckend. Der St. Moritzersee ist Mitte April noch von einer dicken Eisschicht bedeckt. Sils Maria ist nicht weit und man kann Nietzsche vieles vorwerfen, aber er hatte in der Wahl seines Sommersitzes definitiv keinen schlechten Geschmack. Auf einer Höhe von über 1800 m ü. M. fühlt sich auch heute noch jeder Zarathustra wohl:

„Hier saß ich, wartend, wartend, – doch auf Nichts,
Jenseits von Gut und Böse, bald des Lichts
Genießend, bald des Schattens, ganz nur Spiel,
Ganz See, ganz Mittag, ganz Zeit ohne Ziel.
Da, plötzlich, Freundin! wurde Eins zu Zwei –
– Und Zarathustra ging an mir vorbei …“

Friedrich Nietzsche: Die fröhliche Wissenschaft (1882)

Wir sind am Ursprung des Inns, den wir die ganze Zeit durch unsere Fahrt durch das Engadin gefolgt sind.

Parkuhren am St. Moritzersee. In der Schweiz hat alles seinen Preis.

Über den Malojapass fahren wir ins italienische Chiavenna. Das letzte Stück geht in Zickzackkurven nach unten, dabei fühlen wir uns an die Fahrt des Trollstigens zurückversetzt, nur daß um diesen Pass nicht so ein großes Bohei gemacht wird. In der Lombardei herrscht noch Maskenpflicht im Supermarkt und selbst auf den Gehsteigen sieht man ältere Menschen mit Masken laufen. Wir wollen zum Comer See und ein paar Tage nur dümmlich auf den See starren. Wie so oft bei Seen und Bergen geht unser Plan auch dieses Mal nicht auf. Wir laufen am See spazieren, genießen das Panorama und gruseln uns vor der Masse an Campern, die wie die Ölsardinen in ihren Wagenburgen aufeinander sitzen. Nach einem obligatorischen Espresso in einem Café abseits der Seemeile suchen wir das Weite. Nur weg von hier, ab in die Pampa.

Am Ufer des Comer Sees.

Wer nach der Pampa ruft bekommt sie auch, manchmal mehr als einen lieb ist. Von Moggio aus führt der Culmine San Pietro-Pass auf einer Strecke von ca. 18 Kilometern nach Vedeseta. Er verbindet das westlich gelegene Tal Valsassina mit dem östlichen Val Taleggio. Auf dem Pass sind viele Motorradfahrer unterwegs. Für LKWs ist die Benutzung untersagt. Ein Verbotsschild für Wohnmobile steht in Moggio nicht, deswegen sehen wir keinen Grund, den Pass nicht zu befahren. Nach kurzer Zeit wird die Straße einspurig und die Ausweichbuchsen sind nur sehr sporadisch vorhanden. Wir hoffen, daß von der anderen Seite kein Camper so irre ist, den Pass zu benutzen, ansonsten hätten wir ein ernsthaftes Problem. Uns kommen fast nur Kleinwagen entgegen. Bei einem Pickup müssen wir schon bis an die Abbruchkante rangieren. Seitliche Absperrungen gibt es nur selten und falls doch, sehen sie nicht sehr vertrauenswürdig aus. Direkt neben der Straße geht es wie an einer Klippe hunderte von Metern steil nach unten. Wir sind froh, als wir Vedeseta erreichen.

In Piazza Brembana stehen wir alleine an einem Platz neben dem Wertstoffhof. Grillstellen sind vorhanden, ein Brunnen plätschert vor sich hin und würde uns kostenlos Wasser bescheren. Die moderne Stromsäule nehmen wir dankend an, denn unser Kühlschrank braucht Strom und um diese Jahreszeit leistet unser Solarpanel nur einen geringen Ertrag. Einheimische laufen vorbei und grüßen, Hunde bellen in der Nähe und im Wohnblock gegenüber werden wir registriert. Der aus dem Fenster rauchende Italiener im weißen Unterhemd hat uns längst erspäht. Dennoch fühlen wir uns an diesem Ort wohler, als an den anonymen und mit Menschen überfüllten Plätzen direkt am See.

Ein „Frauenbier“ am Abend.

An Karfreitag fahren wir nach Mezzoldo, einem kleinen Dorf in der Provinz Bergamo. Bei einer kurzen Rast auf dem kommunalen Stellplatz stellen wir fest, daß der Endtopf unseres Auspuffes auf dem Boden hängt. Nach einer schnellen Inspektion stellt sich heraus, daß das Rohr direkt hinter dem Topf gebrochen ist. Diese Situation hatten wir bereits vor nicht einmal zwei Jahren während unserer Reise durch Deutschland. In Perleberg haben wir uns damals einen neuen Auspuff montieren lassen. Nun ist er nach kurzer Zeit erneut defekt. Genau an der gleichen Stelle gebrochen. Was für eine Qualität wird heutzutage eigentlich angeboten? Wenn wir uns so zurück erinnern, war früher ein Auspuffwechsel nach frühestens fünf Jahren fällig. Da musste man mit den Karren aber schon einiges an Kilometern runter schruppen. Bereits während der Fahrt in der Nähe von Nürnberg hören wir seltsame Geräusche. Erst ein Scheppern, dann ein Pfeifen und Fiepen. Daß die Ursache beim Auspuff zu suchen wäre, schoben wir von uns. So lange haben wir den ja nicht dran. Jedoch bringt ein drücken des Endrohrs mit dem Schuh die Geräusche zum Verschwinden. Wir hätten es also besser wissen müssen. Trotzdem fahren wir weiter und irgendwann verschwinden die Geräusche schließlich. DerTag in Mezzoldo ist für uns beide natürlich gelaufen. Wir sind beide deprimiert, jeder auf seine eigene Art und Weise. Wir gehen früh ins Bett und versuchen diesen Tag aus unserem Bewußtsein zu streichen. Nach einer kurzen Fahrt zum Einkaufen am nächsten Tag wird für uns klar, daß wir nicht ohne Endrohr weiter fahren können. Die Abgase verwirbeln unter dem Fahrzeug, drücken in den Innenraum und erhitzen den Kunststoff unseres Abwassertanks. Doch woher bekommen wir an Ostern in Italien einen neuen Auspuff? Nirgends. Deswegen entscheiden wir uns für die MacGyver-Lösung. Aus unseren leeren Jever-Bierdosen ist mit Hilfe einer Schere und eines Schweizer Messers schnell ein provisorisches Rohr gebaut. Danach umwickeln wir es mit mehreren Lagen Alufolie und befestigen es mit Tesa-Reparaturband am Abgasrohr- bzw. an der Aufhängung am Wagenboden.

„Wir haben da mal was vorbereitet.“
Das Ausgangsmaterial für unseren neuen Endtopf.
Genügend Material haben wir immer mit an Bord.
Mit Alufolie und Tesa Reparaturband wird die Konstruktion stabilisiert.
Bei der Montage.
Das Endrohr nach der Montage bewährt sich in der Praxis.

Am nächsten Tag entscheiden wir uns, den längeren Rückweg über Bergamo und den Gardasee anzutreten, statt über irgendwelche Alpenpässe den Weg in den Norden zu suchen. Das Konstrukt soll halten und bei der Fahrt auf der Autobahn sind die Chancen dafür definitiv höher. Aus der Übernachtung in Verona wird nichts. Die Stadt ist an Ostern heillos überfüllt. Die von uns angefahrenen Plätze sind alle belegt. Im Etschtal, bei Farrara di Monte Baldo (Brentino) erreichen wir am Abend einen kostenlosen kommunalen Stellplatz, der bis auf die letzte Bucht voll mit Campern ist. Direkt neben der Brennerautobahn A22 liegt er sehr verkehrsgünstig und bietet sich als Zwischenstopp an. Auf dem Platz stehen wir zwei Tage und lassen die Ostersonne auf uns wirken.

Das Dorfpanorama von Brentino.
Ein Brunnen an der Treppe zum Sanktuarium Madonna della Corona.

In Bozen kaufen wir noch einmal ein. Nudeln, Kapern und Sardellen im Glas. Vor allem Nudeln sind hier günstiger als in Deutschland und so decken wir uns mit diversen Packungen ein. Selbst in Südtirol ist die Fischtheke üppig bestückt: Vongole, Miesmuscheln, Kraken, Doraden und sonstige Köstlichkeiten. Wir genießen den Anblick ein letztes Mal. In Österreich erwarten uns im Supermarkt wie in Deutschland nur geräucherte Makrelen und Fischabfall in Mayonnaise ertränkt. Wer hätte gedacht, daß die Spritpreise in Italien günstiger sind als in Deutschland? Leider ist unser Tank noch gut gefüllt und wir werden erst in Österreich wieder eine Tankstelle ansteuern. Die „Geiz-ist-geil“-Mentalität muß ja nicht völlig unser Handeln bestimmen. Auf dem kommunalen Stellplatz in Benediktbeuern stehen wir die erste und letzte Nacht unserer Reise.

Auf Wiedersehn Albanien- ein Fazit

Vor unserer Reise nach Albanien wussten wir so gut wie nichts über dieses Land. Sicher, der Name der Hauptstadt war uns geläufig, ebenso dessen ungefähre geografische Lage. In deutschen Medien taucht Albanien in der Regel nur in Verbindung mit Drogengeschäften im großen Stil auf. Nicht nur der europäische Kokainhandel soll von Albanien aus koordiniert werden, auch der Großteil illegaler Cannabisprodukte werden in Albanien produziert. Gesehen haben wir allerdings keine einzige Hanfpflanze, was wohl daran lag, daß wir nach der Ernte anreisten, wie uns Einheimische erklärten. Bei der Erwähnung unseres Reisezieles gingen die Reaktionen von Freunden und Bekannten im Vorfeld unserer Reise alle in die gleiche Richtung. Der Griff in die Schubladen der Vorurteile machte aus den Albaner entweder „Gauner“, oder „Messerstecher“, oftmals auch beides gleichzeitig. Wohl wissend, daß das Unbekannte auf der einen Seite der Mystifizierung und Glorifizierung anheimfallen kann, auf der anderen Seite aber regelmäßiger die eben erwähnte Abwertung hervorruft, wollten wir uns ein eigenes, unbefangenes Bild von Land und Leuten machen. Bereist haben wir ein Land, das uns landschaftlich enorm beeindruckt hat. Von den albanischen Alpen im Norden, bis zu griechisch geprägten Landstrichen im Süden des Landes. Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen wirkte auf uns in den ersten Tagen befremdlich. Wir sind es nicht gewohnt, von einem Wildfremden einfach etwas geschenkt zu bekommen, ohne Hintergedanken. Oftmals wurde uns zugewunken und vor allem Jugendliche haben uns auf Englisch und Deutsch angesprochen. „Welcome to Albania“ hörten wir nicht nur einmal. Und Deutschland wird von vielen in den höchsten Tönen gelobt. Als Arbeiter waren auch viele schon für eine gewisse Zeit dort und können deswegen ein paar Brocken Deutsch. Irgendwoher müssen ja die billigen Arbeiter unserer Subfirmen kommen. Die Gemüsestände am Straßenrand bieten heimisches Obst und Gemüse von sehr guter Qualität an. Der Knoblauch ist saftig, die Gurken und Auberginen sind verschrumpelt, krumm und fleckig, schmecken aber intensiv. Bei uns im Supermarkt sucht man diese Qualität vergebens. So etwas findet aufgrund seines Aussehens seinen Weg in die Auslagen nicht. Albanien ist das einzige europäische Land, in dem man mit dem Camper frei stehen darf. Davon haben wir regen Gebrauch gemacht und an keinem Ort hatten wir ein Problem. Im Gegenteil, die Begegnungen mit den Einheimischen waren immer freundlich und so mancher hätte uns auch kostenlos Wasser für unseren Camper zur Verfügung gestellt. Bei den zahlreichen Polizeikontrollen am Straßenrand wurden wir immer durchgewunken. Es kursiert auch die Geschichte im Netz von der Polizeistreife, die sich bei einem frei stehenden Camper erkundigte, ob denn alles in Ordnung sei, oder ob er noch etwas bräuchte. In der ganzen Zeit hatten wir keine einzige Situation, in der wir uns unsicher fühlten. Um es mit den Worten Arvis zu sagen: „Seit froh jetzt hier zu sein, vor der großen Veränderung. So habt ihr Albanien noch einmal gesehen, bevor der Tourismusboom und die EU die Seele der Albaner beschädigen“. Dem können wir nur zustimmen.

Fischer in der Bucht von Orikum.
In einem „guten Lokal“ in Orikum. Die Bohnensuppe war sehr schmackhaft, der Oktopus dagegen buckelhart und die Fische waren zu Tode fritiert. Nach dem Essen hatten wir beide Dünnpfiff. Vermutlich war der Raki schuld 🙂
Der flugunfähige Krauskopfpelikan Johnny.
Eine osmanische Festung.
Bei einem höllischen Wendemanöver auf dem Weg zur Burg Rozafa ist der Schmutzlappen abgefallen.
Unser Stellplatz am Skutarisee, am Tag vor unserer Abreise aus Albanien.
Grenzübergang nach Montenegro bei Han i Hotit.
Landschaft in Montenegro.
Grenzübergang nach Bosnien und Herzegowina.
An unserem Übernachtungsplatz bei einem alten Kloster.

Grenze Albanien/Montenegro: Anstellen, Pässe zeigen, Laderaum auf. An der albanischen und an der montenegrinischen Grenzstation.

Grenze Montenegro/ Bosnien-Herzegowina: Anstellen, Pässe zeigen, Laderaum auf. An der montenegrinischen und an der bosnischen Grenzstation.

Grenze Bosnien-Herzegowina/ Kroatien: Anstellen, Pässe zeigen, Laderaum auf. An der bosnischen und an der kroatischen Grenzstation.

Und immer diese geklonten bulligen Typen, die aus ihrem Häuschen heraus schnauzen: „Open luggage“. Das „please“ fehlt, möchte man antworten, doch ein Reflex der dem Eigenschutz dient, verbietet der Zunge die Artikulation. Also Klappe auf und Klappe zu. Seitentür auf und zu. Nein wir haben keinen Schnaps, Käse, Zigaretten und den ganzen Kram den Menschen anscheinend gerne über Grenzen bringen. Und immer die Frage, wohin wir wollen. Natürlich nach Hause: „Home“, „Transit“. Mit diesen beiden Worten ist jeder Grenzbeamte zufrieden zu stellen. Ab Dubrovnik fahren wir die Küstenstraße nordwärts. An einem schmalen Streifen von ein paar Kilometern liegt diese auf bosnischem Gebiet. Und selbst dort gibt es keine Transitlösung, sondern Grenzstationen mit dem vollen Zirkus. Als der kroatische Beamte wissen möchte was sich bei unseren Auto in der Klappe hinten rechts befindet, antworte ich: „Gas chamber“, da mir die korrekte Bezeichnung „Gas box“ im Moment entfallen war. Er nickt zustimmend und gibt sein O.K. zur Weiterfahrt. Für einen kroatischen Grenzer ist es anscheinend völlig normal, wenn ein Deutscher seine Gaskammer immer mit an Bord hat. Bei der Fahrt auf der Küstenstraße zieht die Landschaft von Bosnien-Herzegowina und Kroatien an uns vorbei. Ein Postkartenmotiv nach dem anderen. Kleine Ortschaften, in malerischen Buchten gelegen, eine jede mit seiner Marina und einem kleinen Strandabschnitt. Nur die frei laufenden Tiere fehlen seit Albanien. Kein Schwein, Esel, Pferd, Huhn, Rind, Schaf und Ziege. Nirgends. Nicht einmal Straßenhunde sieht man. Vermutlich werden sie wie in Serbien von kommerziellen Fängern aufgegriffen und in Tötungsstationen gebracht. Die gewohnte Ordnung hat uns wieder. Kroatien wirkt (zumindest in diesem Teil) sehr sauber, zu sauber für unsere immer noch albanisch geprägten Sinne. Leitplanken, Sicherungszäune, Verbotsschilder. Das Freistehen ist in diesem Land nicht erlaubt und wird auch in der Nachsaison geahndet. So mancher wurde nachts schon aus dem Bett gescheucht und musste weiterziehen. Sympathisch klingt das für uns nicht. Da sind die Italiener toleranter und selbst in Deutschland ist es kein Problem, auf einem regulären Parkplatz zu übernachten.

Dörfer und Buchten an der kroatischen Küstenstraße.

Die albanische Riviera

In Borsh ist der komplette Strandbereich im Wintermodus. Die Läden sind verrammelt, der Strand ist menschenleer. Wir fahren an den Strand, der in Teilbereichen unter seinem Kieselbett mit Sand versehen ist und fahren uns bereits nach zwei Metern fest. All unsere Versuche, die Vorderreifen frei zu schaufeln und mit Steinen zu unterfüttern scheitern. Der Wagen gräbt sich nur immer tiefer in den Sand. Ein paar hundert Meter entfernt von uns steht ein Pickup mit Kabinenaufbau. Gerade als ich mich auf dem Weg zu ihm mache, fährt er mir entgegen. Ich halte den Pickup an und bitte um Hilfe. Es handelt sich um ein französisches Paar. Mit ein paar Brocken Französisch und Englisch ist unser Problem schnell umrissen. Mit seiner Winde zieht er uns aus dem Sandbereich. Seine Frau filmt mit ihrem Handy die „Rettungsaktion“. Wir bedanken uns bei Thiery und es freut ihn sichtlich, daß wir unseren Dank in seiner Sprache artikulieren. Sie winken, wir winken und wir alle wünschen uns noch eine gute Reise.

Unser Van verträgt keine Fahrten im Sand.
Wir waren bis zur Ölwanne eingegraben. Auch das unterlegen von Steinen führte nicht zum Erfolg.
Die „treue Seele“ von Bosh.

Dhermi ist um diese Jahreszeit ebenfalls touristisch verwaist. Alles dicht. Am Strand stehen Camper aus den Niederlanden, Belgien und Tschechien. Kein Wunder, der Platz ist schließlich bei Park4Night gelistet. Wir parken etwas abseits. Am Abend kommen wir mit Toni ins Gespräch. Er bietet uns Raki an, den wir dankend annehmen. Toni arbeitet auf der Baustelle gegenüber. Wir unterhalten uns mit ihm. Ein paar Brocken deutsch und italienisch. Abends entzündet er mit seinen Baukollegen ein Feuer neben unserem Van. Die anderen Camper aus den Niederlanden und Belgien setzen sich dazu und die Zusammenkunft erinnert an die Sprachverwirrung von Babel. Die Albaner grillen Hackfleischrollen, während wir unsere Aubergine und eine Knolle Knoblauch auf den Rost befördern. Wir sitzen auf Campingstühlen, die Albaner lassen sich auf einer mit gebrachten Richtlatte nieder. Es folgt eine gemeinsame Feuerschau, unterbrochen von kurzen Fragen und Antworten aller Teilnehmer. Wenn Europa lebendig ist, dann hier an diesem Feuer. Nicht in den Katakomben von Brüssel oder Straßburg. Hier und jetzt, in seiner fragilen Zusammensetzung, sprachlich rudimentär, aber echt. Ein verbindendes Feuer wie seit tausenden von Jahren. Die Sonne geht unter über einem singenden Meer.

An der Riviera entlang.
Die Altstadt von Vuno.
Der Strand von Dhermi.
Im Hintergrund die Dachkuppel eines Bunkers.
Feuer, Raki, Gespräche.
Zusammen am Feuer.
Schon wieder ein Bunker, diesmal am Gebirgspass.
Am Llogara-Pass. Rechts unten der Strand von Dhermi und im Hintergrund die schemenhaften Konturen der Berge auf Korfu.

Von Apollonia nach Butrint

Apollonia liegt auf einer leichten Anhöhe. Wir kommen abends an und und haben uns den Besuch der archäologischen Anlage für den nächsten Tag vorgenommen. Nach einem kurzen Spaziergang entdecken wir einen Camper mit Haßfurter Kennzeichen. Die beiden sind aus Knetzgau und vor dem Dauerregen in Griechenland nach Albanien geflüchtet. Nach einer angenehmen Unterhaltung nebst Besichtigung ihrer Pickup-Kabine verabschieden wir uns, da wir noch kochen müssen. Apollonia wirkt auf uns unaufgeregt, nicht nur deshalb, weil bisher nur ca. 6% der historischen Stadt frei gelegt wurde. Das Areal ist einfach schön. Es macht Spaß, hier den Tag zu verbringen. Wir sind über drei Stunden dort. Oktavian, den Christen durch die Weihnachtsgeschichte wohl eher bekannt unter seinem Ehrentitel „Augustus“, hatte hier eine Zeit lang studiert. Als Zeichen seiner Wertschätzung wurde die Stadt später von ihm von allen Steuerverpflichtungen befreit.

In Gjirokaster, dem „Höhepunkt einer Albanienreise“, wenn man Reiseführern glauben mag, hält es uns nicht lange. Wir schlendern durch den modernen Bazar, der in den Gassen auf dem Weg zur Burg liegt, die eindrucksvoll die Stadt überragt. Dabei wundern wir uns über den hier angebotenen Kitsch und suchen relativ schnell das Weite. Das „Rothenburg“ Albaniens brauchen wir nicht. Stattdessen fahren wir einen etwas außerhalb gelegenen Campingplatz an, um wieder mal so richtig zu duschen.

Butrint liegt auf einer Halbinsel, in Sichtweite zur griechischen Insel Korfu. In der Antike hatte die Stadt eine bedeutende kulturelle und geostrategische Rolle. Julius Cäsar und Kaiser Augustus gehörten unter andern zu den Gästen der Stadt. Nach der klassischen Mythologie wurde diese alte Stadt, bekannt unter dem Namen „Buthrotum“, von den Verbannten, welche die gefallene Stadt Troja verließen, gegründet. Das heutige archäologische Areal ist sehr weitläufig und es stehen noch viele Gebäudereste aus der hellenistischen bzw. byzantinischen Epoche.

Reste des „Rathauses“ bzw. des Buleutorions von oben.
Restbestände des antiken Odeons.
Klosterkirche aus dem 14. Jahrhundert.
Im ersten Stock befindet sich ein gut bestücktes und informatives Museum.
Urige Brücke aus Grünholz.
Was sich wohl hinter der Tür befindet? Wir vermuten der Staubsauger und die Putzeimer.
Das Spiel der Formen.
Darin läßt sich einiges lagern.
Grabsteine
Die Geburt der Aphrodite, 3. Jhd. v. Chr.
Ein Fruchtbarkeitsgott, 2. Jhd. v. Chr.
Grabstein mit Amazonengruppe, 3. Jhd. v. Chr.
In Gjirokaster.
Sehr teure Fähre nach Butrint, 10€ für hundert Meter Wasser.
Sonnenuntergang über Korfu.

In der Osum-Schlucht, oder irgendwas ist immer

Auf dem Weg von Berat in die Osum-Schlucht hören wir ein schleifendes Geräusch. Ein Blick unter den Van und wir erkennen die Ursache sofort. Das Lochband, das unseren Abwassertank am Wagenboden fixiert ist gerissen. Bei näherer Untersuchung stellt sich heraus, daß es komplett durchgerostet und nicht mal für eine provisorische Lösung zu gebrauchen ist. Mit unserer Wäscheschnur binden halten wir den Tank so gut es geht in Position. In Deutschland würden wir einen Baumarkt anfahren, doch in Albanien gibt es solche Märkte nur selten und auch nur in den großen Städten. In Albanien wird alles, von Lebensmitteln bis zum Heizkörper in Tante-Emma-Läden angeboten. Größere Supermärkte, wie die italienischen Conad-Märkte sehen nur von den Gebäuden her bombastisch aus, das Sortiment ist oftmals gleich, nur übersichtlicher präsentiert, folgt also nicht dem „Kraut-und Rüben“-Prinzip der kleinen Läden. Wir werden die Augen offen halten müssen, ansonsten fragen wir bei einer der zahlreichen Werkstätten, die ebenfalls Hinterhofcharakter haben. Die einzigen Autohäuser (Audi, Mercedes) wie wir sie gewohnt sind mit ihren weltweit gleichen Franchisefasaden , haben wir bei der Durchfahrt Tiranas gesehen:-) Doch in solchen modernen Tempeln wird nicht gearbeitet, dort wird nur verkauft, soviel Wissen über diese Läden läßt sich von Deutschland sicher auch auf Albanien übertragen. Wegen eines Lochbandes würden wir zuhause schließlich auch nicht zu Gelder, Sorg & Co. gehen, sondern eher zu Wolfschmidt.

Endstation für uns in der Osum-Schlucht.
Der gute Stahl darunter aus Hoxhas Zeiten wird schon halten :-))
Ab hier ist ein Allradfahrzeug anzuraten. Schwaben waren auch schon hier, wie man an dem Aufkleber oben sieht: „Nett hier, aber wart ihr schon mal in Baden-Württemberg“.
Wenn wir uns die Zusammensetzung des Mülls so anschauen, stammt der ausnahmsweise mal nicht von den Einheimischen. Bier- und Weinflaschen, Windeln und Lebensmittel von Conad legen nahe, daß es sich hier um die Hinterlassenschaften von Campern handelt. Hier läßt man den Dreck in der Pampa zurück und zuhause wird dann die ökologische Hypermoral hervorgekehrt, jede Wette!
Der Canyon zur „Blauen Stunde“ am Abend.
Noch eine vertrauenerweckende Brücke.
Mit Kabelbinder am Abwassertank.
In einer Taverne am Weg. Im Hintergrund werden Hühnchen gegrillt.